Draußen beobachtet

Weißstörche rasten auf den Feldern

Leser beobachten kleine Trupps auch auf der Haar
Erschienen im Soester Anzeiger am 03.09.2016


MÖHNESEE – In den letzten Wochen mehrten sich die Hinweise von Lesern auf kleine Trupps von Weißstörchen in der Oberbörde und auf der Haar. Die bekanntesten Vögel Deutschlands, die mit dem Wegzug begonnen haben, gehen auf den Feldern wohl der Mäusejagd nach. Obwohl sie in den 1980er und 1990er Jahren sehr selten geworden waren und auszusterben drohten, kennt heute noch (oder wieder) die Störche jedes Kind.
Dazu mag auch der „Klapperstorch“ seinen Teil beigetragen haben. Wichtiger aber ist die Rückkehr des Weißstorchs, auch in den Kreis Soest, in den letzten zehn Jahren. In der Lippe- und in der Ahseniederung, wo man den stolzen Schreitvögeln Nisthilfen in Form hoher Masten mit Horstunterlagen anbot, sind die Störche die Attraktion in den Vogelschutzgebieten. Hunderte Besucher bewundern und fotografieren die großen schwarz-weißen Vögel, die an den Zweibeinern wenig Anstoß nehmen.

Schon vor Jahrhunderten kamen die Weißstörche als „Kulturfolger“ in viele Dörfer. Sie schlossen sich dem Menschen an, brüteten auf den Dachfirsten und fanden ihre Nahrung in der Agrarlandschaft, solange es dort noch Feuchtgrünland, extensiv genutzte Wiesen und allerlei intakte Gewässer gab. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft zogen sich die Störche zurück und verschwanden vielerorts vollständig. Anfang der 1990er Jahre gab es in ganz Westfalen nur noch drei besetzte Storchennester – allesamt an der Weseraue in den Kreisen Minden und Lübbecke.
Um dem Land die Störche als Brutvögel zu erhalten, begann die Aktion „Rettet den Weißstorch“ mit Unterstützung der „Nordrhein-Westfalen Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege“ mit der Verbesserung der Nahrungsgrundlage der Störche durch Ankauf und Wiedervernässung von Grünland. Gleichzeitig wurden vielerorts Flüsse und Bäche renaturiert und Kleingewässer mit flachen Ufern angelegt. Obendrein aber haben wohl der Populationsdruck in Osteuropa und die Verlagerung der Winterquartiere der sogenannten Weststörche, die zum Teil gar nicht mehr bis nach Afrika ziehen, für eine deutliche Zunahme des Storchenbestandes geführt. An der Weser – im Nordosten Westfalens – hat sich die Zahl der Storchenpaare in zehn Jahren verzehnfacht. Seit 2005 brüten Störche auch im Lippetal zwischen Hamm und Lippstadt. Insgesamt gibt es in Nordrhein-Westfalen jetzt wieder so viele Störche wie vor hundert Jahren.

Die Tatsache, dass in der Gemeinde Möhnesee auch bereits im Winter Weißstörche beobachtet wurden, hängt damit zusammen, dass an einigen Orten auch Zoostörche „ausgewildert“ wurden, deren Zugtrieb verloren ging. Dass die Art sich auch im Möhnetal ansiedeln könnte, ist unwahrscheinlich. Dazu reicht die Nahrungsbasis hier wohl nicht aus. Doch als Durchzügler und Gäste werden die Störche nur die Naturfreunde hin und wieder erfreuen. St.