Draußen beobachtet

90 Prozent leben monogam

„Saison-Ehe“ ist bei Vögeln weit verbreitet
Erschienen im Soester Anzeiger am 25.01.2017


MÖHNESEE – Der Autofahrer, der zwischen Soest und dem Möhnetal die Haar quert, sieht jedes Mal Rabenkrähen. Dass sie fast immer zu zweit sind, verwundert ihn. Doch 90 Prozent aller Vogelarten leben monogam, nicht alle jedoch -wie Krähen und Dohlen- auch über den Winter und zum Teil sogar lebenslang verpaart. Die meisten Vogelarten kümmern sich nur während der Brutzeit zu zweit um ihren Nachwuchs. Im nächsten Jahr verpaaren sie sich neu. Die Vogelkundler haben dafür die Bezeichnung „Saison-Ehe“. Dass Vögel monogam leben, heißt noch nicht, dass sie sich die Arbeit teilen, etwa beim Nestbau und bei der Versorgung und Betreuung der Jungen. Doch wo beide kooperieren, profitieren die Jungen davon.

Deren Zahl ist meistens größer. Schöne Beispiele dafür liefern die Gänse, die in heimischen Fluren immer zahlreicher werden. Sie kennen sogar bei den Eltern eine interessante Arbeitsteilung. Der Ganter hält Wache und passt auf, ob die Luft rein ist; sie führt die Kinderschar. Eine monogame Dauerehe einen ganzen Sommer lang führen auch die Haubentaucher, die alljährlich auf dem Möhnesee brüten. Gemeinsam bauen die beiden Partner ihr flaches Nest auf dem Wasser, wobei der eine das Material anliefert und der andere es zusammenfügt. Und gemeinsam betreuen sie ihre drei bis fünf Jungen, die als Nestflüchter schon bald schwimmen, aber auch gern auf dem Rücken der Eltern Kahn fahren. Für die Vogelfreunde, die gern wissen möchten, wie viel Junge das eine oder andere Haubentaucherpaar hat, wird das Zählen oft schwer. Die Eltern teilen sich die Betreuung der Kinderschar nicht immer gleichmäßig auf und entfernen sich oft weit voneinander, so dass man nicht weiß, wer mit wem zur Familie gehört.

Quelle: wikimedia.org

Noch komplizierter ist die Partnerschaft bei den Enten. Die Stockenten beispielsweise „verloben“ sich bereits im Herbst. Doch wenn es mit Brut und Jungenbetreuung wirklich ernst wird, machen sich die Erpel bereits auf und davon. Deshalb sieht man an der Uferpromenade und oft auch anderswo immer nur Stockenten-Weibchen die Jungen führen. Insgesamt sind die Formen sozialen Verhaltens bei Vögeln zwischen lebenslanger Monogamie und Polygamie so vielfältig, dass man fast zu sagen geneigt ist „Es gibt nichts, was es nicht gibt“. St.