Draußen beobachtet

Als der Fuchs noch die Ostereier brachte

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 21.04.2019


MÖHNESEE – Es gibt mehr Füchse im Gemeindegebiet, als man denkt. Seine nächtliche Lebensweise und seine Schläue und Anpassungsfähigkeit machen ihn für die meisten Menschen unsichtbar. Früher hat man die Füchse vielerorts stärker bejagt, nicht zuletzt ihres Pelzes wegen. Aber der ist nicht mehr gefragt. In den Hochwildrevieren mit Hirschen und Wildschweinen – etwa im Arnsberger Wald – war man auch früher weniger an den Füchsen interessiert. Oft wurden sie sogar als Mäusejäger in den Kulturen bewusst geschont. Und in den Niederwildrevieren an der Haar und in der Börde lohnt es sich auch nicht mehr, ihn zu bejagen, seit es kaum noch Rebhühner und Hasen gibt, die man vor Füchsen schützen müsste. Gegenwärtig sind die weiblichen Füchse – Fähen genannt – trächtig. Nach knapp zweimonatiger Tragzeit bringen sie fünf bis sechs Junge zur Welt, die die ersten Lebenswochen blind in einem der unterirdischen Baue verbringen. Die Hochzeit war schon zwischen Ende Januar und Mitte März. Das ist die einzige Zeit, in der sich zwei Füchse begegnen. Sonst sind sie notorische Einzelgänger.
Ein Fuchs ist sechs bis zehn Kilogramm schwer und kann durchaus auch eine Gans überwältigen. Enten fliehen vor ihm, indem sie vom Ufer weg und ein Stück ins Wasser hinausschwimmen. Sie fliegen nicht auf, behalten ihn aber aufmerksam im Auge, wenn er im Hevetal an der Wasserlinie patrouilliert. Aas und tote Tiere nimmt er auch, nicht zuletzt erstaunlicherweise auch Obst. Im Naturschutzgebiet Kleiberg in Büecke verrät sich der Fuchs durch seine Losung, den Kot, der im Frühsommer meistens Kirschkerne in größerer Zahl enthält.
Immer häufiger dringen Füchse auch in die Nähe der Siedlungen vor. Hier tauchte er im Licht der Autoscheinwerfer auf, dort löste er am Haus den Bewegungsmelder aus. Ein Fuchs hatte seinen Bau unter einem Schuppen, ein anderer holte sich die Hauskaninchen aus einem Freilaufgehege auf dem Rasen. Fast überall muss man mit ihm rechnen, auch wenn man ihn nicht sieht.
„Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ singt man auch heute noch im Kindergarten. Und „schlau wie ein Fuchs“ kann sowohl Lob als auch Skepsis wegen einer gewissen Verschlagenheit ausdrücken. Die Redewendung, jemand sei dort, „wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen“, kennen sogar die Städter. Auch das Verb „fuchsen“ (= sich ärgern) ist noch gebräuchlich, nicht zuletzt auch „fuchsteufelswild“. Der heimliche Beutegreifer – so selten man ihm auch begegnet – ist im deutschen Sprachgut und in Märchen und Legenden früher wie heute präsent. In einigen Gegenden Westfalens erzählte man nach altem Brauch den Kindern, der Fuchs habe die Ostereier versteckt.