Draußen beobachtet

Als „kleine Lilien“ zum Muttertag

Die Maiglöckchen duften angenehm.

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 11.05.2019


MÖHNESEE – Anstelle teurer Lilien hat manches Kind früher gern zum Muttertag ein Sträußchen Maiglöckchen geschenkt. Auch schon bei den mittelalterlichen Malern vertreten oft Maiglöckchen die Lilien, beispielsweise auf verschiedenen Marienbildern. Sie galten als „Lilien der Täler“ und erhielten deshalb auch den wissenschaftlichen Namen Convallaria majali. Convallaria ist lateinisch conavallis (= ein Talkessel), majalis (= im Mai blühend).
Auf kalkarmen Böden wachsen in manchen Wäldern die Maiglöckchen herdenweise. Dünne Rhizome gestatten eine starke vegetative Vermehrung und Ausbreitung. Vor der Blüte fallen die beiden schmal-ovalen Blätter auf. Rechtzeitig Anfang Mai „läuten“ an jedem Stiel um die zehn hängende weiße Glöckchen, die so angenehm duften wie das beste Parfüm. Nach der Blütezeit entwickeln sich bis in den November kleine rote Beeren.
Nicht nur die Maler fanden Gefallen an diesen zierlichen Blüten. Sie wurden auch getrocknet und waren dann Hauptbestandteil eines bekannten Niespulvers. Wegen ihrer herzwirksamen Digitalis-Glykoside waren die Maiglöckchen schon für die Volksmedizin wichtige Helfer und sind es auch heute noch in der modernen Pharmazie.

Foto: Angelika von Tolkacz

Wer ein Maiglöckchen -Sträußchen pflücken möchte, sollte die Blütenstiele sorgfältig herausziehen, aber dabei bedenken, dass das hübsche Liliengewächs insgesamt giftig ist. Die Laubblätter muss man stehen lassen und ausgraben darf man die Maiglöckchen auch nicht. So können sich die geschützten Pflanzen weiter entwickeln und ausbreiten. Wer die Art im Garten haben möchte, kann im Fachhandel Stauden erwerben. Dabei handelt es sich meistens um Zuchtformen, die sich durch etwas größere Blüten auszeichnen, aber ebenso wie ihre wilden Verwandten dem Wonnemonat Mai zu seiner Pracht und seinem Duft verhelfen.