Draußen beobachtet

Blütezeit beginnt immer früher

Haselkätzchen bezeugen Klimawandel
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 19.01.2019


MÖHNESEE – Der bislang milde Winter machte es möglich, dass die Pollenwarnstation schon in der ersten Januar-Dekade vereinzelte Haselpollen in der Luft über Soest nachweisen konnte. So früh blühten bislang auch die vorwitzigsten Haselsträucher noch nicht. Die Vorboten des Klimawandels sind unübersehbar. In dem Gehölzstreifen an der Straße von Körbecke nach Stockum entdeckten Spaziergänger die ersten Haselkätzchen, die sich bereits gestreckt hatten und ihren Pollen dem Winde anvertrauten, am 3. Januar, vier Wochen früher als sonst gewohnt.
Als „Kätzchen“ bezeichnet man die männlichen Blütenstände der Hasel, der Erlen und der deutlich später blühenden Birken. Sie werden schon im Vorjahr angelegt und können deshalb so extrem früh ihre Bestäubung vollziehen. Die weiblichen Blüten, die sich auf demselben Strauch befinden, sind unscheinbar und ähneln den Blattknospen, nur dass rote Fäden aus ihnen hervorlugen. Sie sind der Ort, wohin der Pollen gelangen soll, um die Bestäubung und später eine Befruchtung zu erreichen. Da es zur Vereinigung von Pollen und Narbe keine besonderen Vorkehrungen gibt, sind diese eine Sache des Zufalls und des Windes und damit der Grund dafür, dass unglaubliche Pollenmengen produziert werden müssen.
Nach Berechnung von Botanikern sollen bis zu zwei Millionen Pollenkörner jedes Kätzchen verlassen und damit bei geschätzten 50 Kätzchen je Haselstrauch rund 100 Millionen Pollenkörner in die Luft gelangen und den Allergikern schlimme Tage bereiten. Zum Glück bleibt ein großer Teil in bodennahen Luftschichten. Die frühe Blütezeit, die die Hasel mit ihren Verwandten gemeinsam hat, bietet den Vorteil, dass die Gehölze ringsum noch keine Laubblätter haben und die Pollen häufiger zufällig auf die Narben gelangen.
Obwohl die Hasel den Bienen und anderen Insekten keinen Nektar anbietet, ist sie bei den Insekten beliebt. Sie fressen den Pollen noch bevor er die Kätzchen verlässt.
Das Angebot des Frühblühers ist konkurrenzlos, allein schon infolge der winterlichen Blütezeit.