Draußen beobachtet

Chinesenbärte auf glatter Buchenrinde

Draußen sehen, wie es drinnen aussieht
Erschienen im Soester Anzeiger am 28.06.2017


MÖHNESEE – Unter den vielen verschiedenen Gesichtern unserer Waldbäume sind die Falten und Muster auf glatten Rinden besonders auffällig
und ausdrucksstark. Im Arnsberger Wald lohnt es sich, vor allem die Rotbuchen einmal genauer zu betrachten. Glatte Rinden mit Mustern haben auch die namensverwandten Weiß- oder Hainbuchen, die in den Eichen-Hainbuchenwäldern des Möhnetals – beispielsweise auch im Friedwald – wachsen.
An vielen Rotbuchen ist zu erkennen, dass das Regenwasser, das die Baumkrone auffängt, zum Teil immer in derselben „Rinne“ am Stamm herabläuft. Ein anderer Teil des Niederschlagswassers wird von Blatt zu Blatt nach außen abgeleitet, was zweifellos schon viele Wanderer erlebt haben, die von einem Regenschauer überrascht wurden und unter dem Dach einer Buche Schutz suchten. Wo das Wasser wie in einem Fallrohr abwärts fließt, wachsen Moose und Flechten anders als am übrigen Stamm.

Ganz anders sehen die Muster aus, die schon vor Jahren abgestorbene Äste am Stamm hinterlassen. Förster und Waldarbeiter reden von „Chinesenbärten“. Weil die dunklen, nach unten gewölbten Linien Ähnlichkeit mit hängenden Schnurbärten haben, konnte sich auch der volkstümliche Name „Chinesenbart“ fest einbürgern.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Über einem Seitenast am Stamm wird durch das Dickenwachstum des Rindengewebes ein Streifen gestaucht, der auch nach dem Absterben und Abfallen des Seitenastes sichtbar bleibt, anfangs bartähnlich herabhängt, im Laufe der Jahre allerdings zunehmend zum Waagerecht abstehenden „Kaiser-Wilhelm-Bart“ wird.
Für Holzhändler und Verarbeiter des Holzes sind die Zahl und die Form der „Bärte“ wichtige Hinweise auf die innere Ästigkeit des Holzes. Wanderern und Spaziergängern bieten diese Muster auf den glatten Buchenstämmen in heimischen Wäldern die Möglichkeit,
die Vielgestaltigkeit der „Gesichter“ unserer Waldbäume zu erleben. Auch der reine Buchenwald ist wie eine Gruppe Menschen eine Vielzahl von Individuen und damit abwechslungsreicher, als man zunächst denkt.