Draußen beobachtet

… da steht ein Lindenbaum

Der Duft liegt über den Dörfern
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 23.06.2018


MÖHNESEE – Nicht die Eichen, auch nicht die Buchen sind die beliebtesten Bäume der Deutschen, sondern die Linden. Sie werden am häufigsten in Liedern und Gedichten erwähnt. Sie stellen die wenigen Einzelbäume auf der Haar und in der Oberbörde, die die Kreuze und die Heiligenhäuschen flankieren und teilweise sogar namentlich bekannt sind. Einzelne Linden sind sogar an den Kirchen und an anderen besonderen Orten in den Dörfern erhalten geblieben, wo sie dafür sorgen, dass sich im Juni der ganze Ort in den Lindenduft hüllen kann.

Zur Gattung Tilia gehören 30 verschiedene Linden-Arten. Weil es neben den vier häufigsten Arten (Sommer-, Winterlinde, Holländische Linde, Silberlinde) verschiedene Zuchtformen gibt, ist eine eindeutige Zuordnung einzelner Exemplare nicht immer leicht. Durch das Nebeneinander von Sommer- und Winterlinden kann man die Blütezeit der „Linden“ und damit das hohe Nektar- und Pollenangebot für Bienen, Hummeln, Schwebfliegen und viele andere Insekten auf fast einen Monat verlängern. Die Namen Sommer- und Winterlinde sind Ergebnis einer riesigen Übertreibung. Sie markieren, dass die eine Art (Sommerlinde) knappe zwei Wochen früher blüht als die andere (Winterlinde). Äußerlich unterscheiden sich die beiden Arten durch die Blattgröße. Die Sommerlinde, mit wissenschaftlichem Namen, „Tilia platyphyllus“ (griechisch großblättrig) findet man mancherorts häufiger als die anderen Arten.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Linden haben weiches Holz, das zum Schnitzen und für die Bildhauerei geeignet ist. Die getrockneten Blüten tun als Lindenblütentee bei Erkältungskrankheiten gute Dienste. Gärtner verwenden auch heute noch gern den Lindenbast zum Blumenbinden. Die Lindenbäume gehören zu den mittelhohen, knapp 30 Meter erreichenden Bäumen. Ihnen wird besondere Langlebigkeit nachgesagt. In vielen Fällen gilt heiter die Regel „Manche tausendjährige Linde ist mehrere hundert Jahre alt“. Linden zu pflanzen lohnt sich in allen Orten, vor allem dort, wo nicht später darunter Autos geparkt werden sollen. Der von Blattläusen ausgeschiedene Zuckersaft ist aber so leicht abwaschbar, dass er kein Grund sein sollte, auf den historisch und ökologisch einmaligen Lindenbaum zu verzichten.