Draußen beobachtet

Der Turmfalke brütet in Gebäuden und in Elsternnestern

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 27.04.2019


MÖHNESEE – Nach dem Mäusebussard ist der Turmfalke die deutlich kleinere Greifvogelart und deshalb den meisten Menschen hierzulande bekannt, weil er im Rüttelfluge oft längere Zeit gewissermaßen am gleichen Punkt „in der Luft steht“. Das fällt auf! Obendrein ist er den Menschen und ihren künstlichen Felsen in Form von Türmen und hohen Gebäuden offensichtlich zugetan. Wir bezeichnen ihn als „Kulturfolger“. Zu den Ureinwohnern im Waldland Westfalen kann er nicht gehört haben. Erst nachdem die Menschen einen Teil der Wälder rodeten, hatten die Turmfalken das Offenland, das sie für ihre Jagdweise benötigen. Darauf weiteten sie ihr Verbreitungsgebiet aus dem felsigen Hochgebirge in die Ebenen mit ihren menschgemachten Felsen aus.
Hier finden sie auch ihre Hauptbeute, die Feldmäuse. Nur ausnahmsweise – wenn die Mäuse knapp sind – weichen die Falken auf andere Kleintiere, unter anderem auch auf Vögel – bis Sperlingsgröße – aus. Viele Falken bleiben auch im Winter bei uns und können schon früh mit der Brut beginnen, die meisten aber erst im April oder Mai. Das Weibchen bebrütet allein etwa einen Monat lang die drei bis sieben Eier und wird in dieser Zeit von seinem Partner mit Mäusen versorgt. Dieser ist in mäusereichen Jahren so fleißig und erfolgreich, dass er mehr Mäuse anbringt, als augenblicklich benötigt werden. Oft kommt so ein stattlicher Beutevorrat zustande.
Die Eier der Turmfalken sind gelblich-weiß mit rötlichen Flecken. Sie werden im Abstand von zwei Tagen gelegt und nur vom Weibchen bebrütet. Die Jungen werden dann wieder einen Monat lang von beiden Eltern bis zum Ausfliegen versorgt und auch dann noch in der Umgebung des Brutplatzes weiter betreut.
Da es bei den Feldmäusen Jahr für Jahr große Bestandsschwankungen gibt, fällt es dem Turmfalkenpaar nicht immer gleich leicht, den Nachwuchs zu versorgen. Die landwirtschaftliche Nutzung jeder ackerfähigen Fläche und vor allem die Ausweitung des Maisanbaus machen es dem Rüttelfalken mit dem heranwachsen des Getreides immer schwerer noch die nötige Zahl Feldmäuse zu erbeuten.
Das bekannteste Falkenpärchen im Kreis Soest brütet auf dem Bismarckturm in der Gemeinde Möhnesee und wird alljährlich von mehreren hundert Kindern und Erwachsenen bewundert. Dass das ohne Störung des Brutpaares möglich ist, verdankt man dem Betreuer-Team um Horst Glander vom Heimatverein Möhnesee und der Technik. Mit Hilfe von Kameras und Monitor können die Besucher ins Nest schauen, soweit man überhaupt von einem Nest sprechen kann. Die Eier liegen auf dem nackten Steinboden.
Seit sieben Jahren brütet mit eigenem „Eingang“ zum Turm ein Falkenpärchen. Obwohl das Brutgeschäft sorgsam registriert wird, weiß man nicht, ob es sich immer um dieselben Vögel handelt. Dazu hätte man sie einfangen und markieren, das heißt beringen müssen. Da die Turmfalken monogam leben und bis zu 17 Jahre alt werden können, ist nicht auszuschließen, dass die Falken vom Bismarckturm treue Stammgäste sind. Auch in diesem Jahre liegen bereits die ersten Eier im Turm, der auch morgen, wie an jedem Sonntagmorgen, von 10 bis 12.30 Uhr geöffnet ist.