Draußen beobachtet

Die Buche ist die Mutter des Waldes

Im Arnsberger Wald war sie einmal die vorherrechende Baumart

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 7.08.2019


MÖHNESEE – Im Arnsberger Wald war ursprünglich die Rotbuche die vorherrschende Baumart. Jahrhundertelang lieferte sie für den Menschen das notwendige Brenn- und Nutzholz. In zahlreichen – zum Teil auch heute noch nachweisbaren – Meilern produzierte man die Holzkohle, die erst im 19. Jahrhundert endgültig von der Steinkohle abgelöst wurde. Nach und nach kamen im Sauerland durch den Menschen die Fichten zur Vorherrschaft, die – zumindest in den Lagen unter 300 bis 400 Meter über NN – sich heute ihrem Ende nähert.
Zum Glück sind in der Gemeinde Möhnesee noch größere Buchenbestände erhalten geblieben; die schönsten alten Buchen bewundert der Wanderer zwischen Neuhaus und Kreuzeiche. Hier ist nach anfänglichen erheblichen Schäl- und Verbissschäden durch das Sikawild die Verjüngung der Buchen geglückt.
Auch in Zukunft soll die Buche – möglichst in altersungleichen Beständen – die Hauptbaumart sein, in die truppweise andere wirtschaftlich wertvolle und dem Klimawandel angepasste Gehölze eingefügt werden.
Bei den heimischen Buchenwaldresten handelt es sich überwiegend um die Waldgesellschaft, die auf Sandstein- und Grauwacke-Verwitterungsböden wächst und die die anderswo bewunderte üppige Bodenflora aus Frühblühern vermissen lässt. Stattdessen herrscht ein artenarmer, oft nur punktueller Bewuchs vor, in dem die Hainsimse die Charakterart ist. Dass auch Moose in diesen Buchenwäldern nur vereinzelt vorkommen, liegt an dem nur langsam verrottenden Welklaub, das den Boden bedeckt.
Aber eben diesem Welklaub verdanken die Bucheckern, die im September und Oktober fallen, das passende Keimbett, das sie als Dunkelkeimer brauchen. Die meisten Bucheckern werden nämlich durch das später fallende Welklaub zugedeckt. Im nächsten Frühjahr keimen sie. In den ersten Jahren wachsen die Jungbuchen – wie für Schatthölzer typisch – nur langsam. Erst mit 50 Jahren werden sie „mannbar“ und selbst wieder Träger von Bucheckern, die in manchen Jahren – oft in Abständen von zehn Jahren – besonders zahlreich anfallen. Die Förster sprechen dann von einer Vollmast.
Wenn die Buchen um die hundert Jahr alt sind, werden sie in der Regel geerntet. Im Arnsberger Wald aber gibt es etliche 130- und 150-jährige Veteranen, die in Schutzgebieten bewusst geschont werden und vielleicht ein Alter von bis zu 300 Jahren erreichen. Schon mit 120 Jahren sind manche dieser „Biotopbäume“, in denen die Spechte gern ihre Höhlen zimmern, bis zu 40 Meter hoch. Die Altbuchen werden häufig von Schleimfluss geschädigt und von Zunderporlingen befallen. Viele aber sind besonders eindrucksvoll. Gleichermaßen Mitleid und Bewunderung haben sie verdient, wenn sie auch den zweiten Dürresommer überstehen. bislang haben zwischen Möhne und Ruhr im Vergleich zu Fichten und Eichen nur wenige Buchen den extremen Härtetest bestanden. Das ist gewiss ein Grund, die Buche aus den Reihen der „Hoffnungsträger“ für den Wald der Zukunft nicht zu streichen.