Draußen beobachtet

Die Klinik lässt Schwalben überleben

Patienten erfreuen sich an putzmunteren Mehlschwalben
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 02.06.2018


MÖHNESEE – Überall in deutschen Landen sind nach den Störchen die Schwalben die beliebtesten Vögel. Bräuche und Geschichten werden von Generationen zu Generation weitergegeben. Schwalben werden gebastelt und bei ihrer Rückkehr aus dem fernen Afrika bewundert. Den Störchen, die viele Jahre zu verschwinden drohten, werden in den Naturschutzgebieten an Lippe und Ahse auch im Kreis Soest Nisthilfen angeboten. Sogar ein eigenes Storchenmuseum hat die NRW-Stiftung Natur, Heimat und Kultur eingerichtet. Und während der Weißstorch – von Jung und Alt lebhaft begrüßt – alte Siedlungsgebiete zurückerobert, werden die Schwalben immer seltener.

Wenn man in Körbecke immerhin noch regelmäßig Mehlschwalben beobachten kann, ist das vornehmlich der Verwaltung der Möhnesee-Klinik zu verdanken, die nun schon seit Jahren den Mehlschwalben die Chance bietet, dort unter den Dachvorsprüngen ihre Nester zu bauen. Und nicht nur das: Die Klinik trägt obendrein nachdrücklich zur Umweltbildung bei, indem sie auf die Schwalben hinweist und auf die Notwendigkeit, künftiger Generationen wegen auch die Schwalben zu schützen und zu fördern.
Während es vorkommt, dass in den Siedlungen immer wieder Schwalbennester widerrechtlich entfernt werden bittet man hier die Menschen um Großzügigkeit, um die Beeinträchtigung durch das Zusammenleben mit den Mehlschwalben hinzunehmen. Und das tun sie auch. Obendrein werden etliche Patienten von ihren Beobachtungen und Erlebnissen mit den Schwalben erzählen und stolz darauf hinweisen, dass sie zum Überleben der Mehlschwalben in der Welt unserer Kinder und Kindeskinder beigetragen haben.

von Andreas Trepte [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], vom Wikimedia Commons

Einer der Klinikpatienten berichtet, dass er die aus Lehmerde und mit einigen Hälmchen durchsetzten Nester gezählt habe. Die kunstvoll gebauten halbkugeligen Nester stoßen oben immer an die Wand, so dass nur ein vier Zentimeter großes Einflugloch offen bleibt. Den Mangel an feuchtem Baumaterial muss man in der Nähe der Talsperre nicht befürchten, so dass hier an der Möhnesee-Klinik alle Voraussetzungen zur Bewahrung einer hübschen, traditionsreichen Vogelart in einer größeren überlebensfähigen Brutkolonie gegeben sind: die großen Gebäude mit Dachvorsprung, der See als Jagdrevier für Fluginsekten und als Ort für Nestbaumaterial an feuchten Ufern und nicht zuletzt die Menschen mit Verständnis für die Erhaltung der Vielfalt der Schöpfung.