Draußen beobachtet

Die Nachmieter warten schon

Schwarzspechte und der soziale Wohnungsbau
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 27.12.2018


MÖHNESEE – Erst seit 100 Jahre ist der Schwarzspecht als Zimmermann in den westfälischen Wäldern aktiv. Die Wälder mussten sich erst so entwickeln, dass sie den speziellen Ansprüchen der größten heimischen Spechtart gerecht werden. Statt der Niederwälder und früh geernteten Waldungen wuchsen nach und nach Altwaldbestände mit über 100-jährigen Buchen heran, so wie die „schwarzen Zimmerleute“ sie für den Höhlenbau bevorzugen.
Die Ausweitung der Fichtenforste war den Einwanderern recht, die große Waldgebiete besiedeln, in denen sie alte Laubbäume mit glattrindigen und hochstämmigen Bäumen und liegende und von Käferbefall befallene Nadelbäume in der Umgebung vorfanden.
Der Schwarzspecht ist etwa so groß wie eine Krähe und bis auf eine rote Kopfplatte komplett schwarz. Er bleibt über das ganze Jahr in seinem mehrere hundert Hektar großen Revier, das ihm die geeigneten Nistbäume und nicht weit entfernt in den Fichten das Nahrungsangebot liefert. Hier ist sein Lebensmittelpunkt, den er auch im Winter nicht verlässt.
Im Gegensatz zum Buntspecht kommt er auch im schneereichen und kalten Winter niemals an ein Futterhaus.
Weil er meistens in jedem Jahr eine neue Nisthöhle baut – oft nicht weit entfernt von der alten – entstehen im Laufe der Zeit ganze Höhlenzentren, die von Förstern und Naturschützern größtenteils kartiert worden sind. Sie sind für den Schutz der Artenvielfalt so wertvoll, weil Dohlen, Fledermäuse und Siebenschläfer dort mit Vorliebe als Nachmieter einziehen. Etliche Höhlenbäume stehen heute unter Naturschutz und dürfen alt werden. Damit sichern die Waldbesitzer und Förster mit Hilfe des Schwarzspechtes den Fortbestand ganzer Wald- Lebensgemeinschaften. Seine Gegenwart verrät der scheue Specht meistens durch Trommelwirbel, die weiterhin zu hören sind und durch laute Rufe. Ein weiches „krück krück krück“ lässt er nur im Fluge hören. Die beiden Partner zimmern gemeinsam in der neuen Höhle, die relativ niedrig, meistens in acht bis zwölf Metern Höhe, im astreinen Teil des glatten Stammes entsteht.
Gebrütet wird 13 Tage lang, gefüttert fast einen Monat. Weil nur wenige größere Waldgebiete die Ansprüche des Schwarzspechtes erfüllen, deren Reviere ungewöhnlich groß sind, gehören sie zu den seltenen Vogelarten die in NRW aber immerhin mit mehreren 100 Brutpaaren vertreten sind.