Draußen beobachtet

Die neusten Einwanderer

Mit Wollballen aus Afrika verschleppt
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 13.10.2018


MÖHNESEE – Inzwischen hat der gelbblühende Körbchenblüter, dessen Blütenstände an die artenreiche Gattung der Kreuzkräuter erinnert, aber als einzige auffallend schmale Blätter hat, auch das Möhnetal erreicht. Autofahrern ist es schon vorher aufgefallen, weil er an den Autobahnen plötzlich neu und massenhaft auftritt, und zwar auf den Banketten unmittelbar am Fahrbahnrand. Diesen säumen sie bandartig so dicht, dass sie wie ein gelber Streifen wirken.

Es ist das Schmalblättrige Kreuzkraut, das im Spätherbst noch dann blüht, wenn der Frost schon die übrige Flora dahingerafft hat. Früher hat es diese Art in Mitteleuropa nicht gegeben. Autofahrende Botaniker haben sie im westlichen Ruhrgebiet zuerst entdeckt, wo sie sich Jahr für Jahr weiter ausbreitet, immer an den Autobahnen entlang und von dort aus nach und nach in das Hinterland. Kein Zweifel es war ein Neueinwanderer, der erst in den letzten 20 Jahren das Land besiedelt und an den Fahrbahnrändern so optimale unbewachsene Streifen findet, dass die Samen – vom Winde verweht – dort immer weiter ostwärts wandern konnten, Naturfreude haben auf die Schmalblättrigen Kreuzkräuter besonders geachtet und teilweise sogar die Orte ihres ersten Auftretens kartographisch erfasst. Die Wanderfreudigkeit unterstreicht die Art durch das Auftreten einzelner Exemplare am Rennweg mitten im Arnsberger Wald.

By Rosa-Maria Rinkl [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], from Wikimedia Commons

Bei der Frage nach ihrer Herkunft beginnt inzwischen eine schöne Legende. Pflanzengeographisch gesichert ist, dass sie ihre Heimat in Südafrika hat. Auf europäischen Boden gefallen soll zumindest ein Saatkorn in einem der Häfen sein, möglicherweise in Duisburg, dem größten deutschen Umschlagplatz für Güter aus aller Welt. Und die Legende erzählt weiter, die Saat des Verwandten unserer heimischen Kreuzkräuter, dem Fuchs-, dem Klebrigen- und dem Jakobskreuzkraut sei in einem Wolleballen auf die weite Reise gegangen.