Draußen beobachtet

Duftende Bienennahrung

Die Robinie überlebt auch auf ärmsten Böden
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 06.06.2018


MÖHNESEE – Wenn die meisten Bäume und Sträucher schon längst verblüht sind, folgt noch ein bemerkenswerter Schmetterlingsblütler nach, der erst Anfang des 17. Jahrhunderts aus Nordamerika nach Europa geholt
wurde: die Falsche Akazie oder Robinie. Sie kann vielerlei, wozu andere Bäume nicht in der Lage sind, unter anderem mit den Wurzeln aufgenommenes Wasser im Stamm so schnell in die Krone leiten wie kein anderer, das heißt mit über 25 Meter in der Stunde. Unübertroffen ist auch die Beweglichkeit der bis zu 23 Fiederblättchen, die jedes Laubblatt aufbauen, als Reaktion auf Sonneneinstrahlung und Schatten.
Die Wurzelknöllchen der Robinie bargen Bakterien, die Luftstickstoff binden und ein Leben selbst auf ärmsten Böden ermöglichen. Darum hat man früher diese Baumart zur Begrünung von Schotterkörpern an Bahntrassen und von Fabrikgelände gepflanzt. Obwohl viele Robinien als „nicht heimische Bäume“ geschlagen wurden, findet man sie vereinzelt noch in der Nähe des „Kiepenkerlweges“ in Wamel als Relikt der Eisenbahnzeit.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Mit Hilfe von Robinien kann man Schuttflächen auch für anspruchsvollere Baumarten besiedelbar machen. Die Robinien selbst sorgen durch Samen und auch vegetativ für Naturverjüngung. Sie sind schnellwüchsig und ertragen Luftverschmutzung. Den Imkern sind sie willkommen, weil sie noch in der Mittsommerzeit den Bienen reichlich Nektar bieten. Die bis zu 20 Meter hohen Stämme sind selten gerade, aber für kleinere Objekte verwertbar.
Das extrem harte Holz eignet sich für Holznägel und für Drechslerarbeiten. Die leider nur kurze Zeit der Robinienblüte wird mancherorts durch den angenehmen Duft der Blüten beherrscht. Ihren Namen hat die Nordamerikanerin nach einem Pariser Gärtner, der von 1579 bis
1662 lebte, und einer gewissen Ähnlichkeit mit Akazien. Angesichts der Tatsache, dass sich unsere Flora aus vielen einheimischen und fremden Pflanzenarten zusammensetzt, ist es gewiss hinnehmbar, auch vereinzelte Fremdländer zu dulden, zumal wenn sie so viele Besonderheiten aufweisen wie die Robinien oder Falschen Akazien.