Draußen beobachtet

Ein auffälliger Gast am Ufer

Der Silberreiher am Wameler Fischteich und am Hevesee

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 22.02.2020


MÖHNESEE – Eine Vogelart richtig zu bestimmen, ist nicht immer leicht, vor allem wenn sie neu, klein oder besonders scheu ist. Bei einer Vogelart, die die Naturfreunde in den 1990er Jahren neu kennenlernten, gibt es diese Schwierigkeiten nicht. Es ist der Silberreiher, den man schon kennt oder den jedermann leicht kennenlernen kann. Er ist nämlich groß und schneeweiß und mit keiner anderen Vogelart zu verwechseln.
Im Möhnetal ist er am häufigsten am Wameler Fischteich und am Heve-Vorstaubecken (östlich der B229) zu sehen, aber – völlig überraschend auch an anderen Orten, nicht nur an den Seeufern, sondern manchmal auch in der Feldflur. Der Silberreiher ist Einzelgänger. Meistens sind nur bis zu vier oder fünf Vögel verstreut im ganzen Möhnegebiet. Doch die Silberreiher sind so auffällig, dass man sie sogar im Vorbeifahren sieht.
Fast so groß wie ein Fisch- oder Graureiher und diesem auch in der Gestalt ähnlich haben ihn Wanderer und Spaziergänger anfangs für einen Graureiher-Albino gehalten, was er natürlich nicht ist. Der Silberreiher ist eine eigene Art, die hierzulande erst seit wenigen Jahren als Gast auftaucht und (noch?) nicht brütet. Brutheimat der Silberreiher in Europa ist der Südosten, der nächste Brutplatz ist der Neusiedler See, wo man bereits mehrere 100 Brutpaare gezählt hat. Die Nester stehen einzeln oder in Kolonien in größeren Schilfröhrichten; es gibt allerdings auch Baumnester.
Männchen und Weibchen bebrüten drei bis fünf blasblaue Eier etwa 25 Tage lang. Die Jungen sind im Alter von 40 bis 50 Tagen flügge. Zum Fischfang waten sie im flachen Wasser sowohl am Schilfrand als auch – wie an der Möhnetalsperre – an vegetationsfreien Ufern. Auf den Feldern haben sie es auf Mäuse und Insekten abgesehen.
Natürlich sind die Vögel ganzjährig geschützt; sie dürfen auch von Jägern nicht geschossen werden. Sie beleben die heimische Landschaft und bereiten dem naturverbundenen Menschen Freude. Für unsere Graureiher, die in Westfalen mehrere Brutkolonien haben, sind die weißen Verwandten offenbar keine ernsthaften Konkurrenten.