Draußen beobachtet

Eine Nahrungsquelle für Insektenarten

Verzicht auf artenarmen Golfrasen oder auf „englischen Rasen“
Erschienen im Soester Anzeiger am 15.03.2017


MÖHNESEE – Naturschützer beklagen das Artensterben unter den Insekten. Sie machen unter anderem den Nahrungsmangel in den landwirtschaftlichen Kulturen vor und nach der Rapsblüte dafür verantwortlich. Angesichts des intensiven Getreidebaus und der Nutzung des letzten Quadratmeters Wildland an Wegen und Rainen hinterlasse die Landwirtschaft ein nahezu blütenloses Umland, das inzwischen völlig insektenfeindlich geworden wäre, gäbe es nicht hier und dort Blühstreifen an Acker- und Gewässerrändern.

Doch statt zu klagen, sollte man die Gartenbesitzer motivieren, die Gärten, die mit ihren Blumenbeeten ohnehin schon wichtige Rückszugsbiotope für die Insektenfauna sind, noch stärker zu Nektar- und Pollenquellen für viele Insektenarten zu gestalten. Dazu gibt es – ohne vermehrten Arbeitsaufwand – erhebliche Möglichkeiten beim Verzicht auf die Pflege eines „englischen“ oder eines Golfrasens. Die Förderung blütenreicher Rasenflächen brächte nur in der Anfangsphase bei der Anreicherung der Artenvielfalt einen vergleichsweise minimalen Mehraufwand, dann aber erhebliche Vorzüge: Statt Energievergeudung beim Mähen und Lärmbelästigung der Nachbarn, statt Düngens, Vertikutierens und Chemieeinsatzes nur noch wenige Grasschnitte im Sommer. Dafür Freude an der Blütenpracht von Februar bis tief in den Juni hinein, Bienen und Hummeln, Weißlinge und Zitronenfalter, Grünspechte bei der Ameisenjagd und täglich neue Naturerlebnisse.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Viele hundert Hektar Artenschutzfläche könnten hinzugewonnen werden, wenn sich möglichst viele Gartenfreunde entschlössen, blütenreicherem Rasen den Vorzug zu geben. Wer sich selbst erst einmal von der Blütenfülle und Schönheit eines solchen Rasens überzeugen möchte, sollte sich in der ersten Jahreshälfte einmal solch einen naturnahen Garten anschauen, beispielsweise im Engerweg 2 in Körbecke. Hier kann man – ohne zu fragen – einen Rundgang um das Gartenhaus machen. Augenblicklich sind wir am Übergang von Schneeglöckchen, Märzenbechern und Elfenkrokussen zu den Narzissen. Später bestimmen Wiesenschaumkraut und schließlich Margeriten und Storchschnabel das Bild. Die Zwiebeln und Knollen sind im Fachhandel erhältlich. Die meisten Arten sind hier nicht ursprünglich heimisch, vermehren sich aber im Naturrasen innerhalb weniger Jahre. Der Natur darf man die Zwiebeln und Knollen nicht entnehmen. In manchen alten Gärten und Parks wurden sie schon vor Jahrhunderten angesiedelt. In den Rasenflächen, die bis Juni nicht gemäht werden, siedeln sich im Laufe der Zeit weitere Pflanzenarten aus der Umgebung spontan an. Wer da nachhelfen will, bringt vom Spaziergang zusätzlich abgestreifte Samen mit. Je größer die Vielfalt, umso sicherer ist für viele Tierarten etwas dabei. Nicht zuletzt genießen Naturfreunde die Augenweide und die Gewissheit, selbst einen – wenn auch kleinen – Beitrag für die Erhaltung der Artenvielfalt geleistet zu haben. St.