Draußen beobachtet

„Gehamstert“ haben viele

Doch Feldhamster gab es in der Börde nie
Erschienen im Soester Anzeiger am 29.06.2016


MÖHNESEE – Die Älteren unter den Lesern wissen noch, wie in den Notzeiten im Kriege und in der Nachkriegszeit „gehamstert“ wurde. Ganze Menschenscharen fuhren aufs Land, um Wertsachen gegen Essbares zu tauschen. Mehr oder weniger beladen kehrten sie abends heim, von den Angehörigen heißhungrig erwartet.

Die Zeiten haben sich geändert, doch der Begriff „hamstern“ hat sich gehalten. Aber wirklich einen Feldhamster gesehen, hat hierzulande wohl nie jemand. Das namengebende Nagetier hat es in der Börde und wohl in ganz Westfalen nie gegeben. Die bewaldeten Bergländer haben dem aus dem Osten stammenden Steppentier den Weg in die Westfälische Bucht versperrt. In Sachsen und in Thüringen haben dagegen die Feldhamster dem Menschen durchaus Kummer und Arbeit bereitet, nur vereinzelt auch in kleinen Verbreitungsinseln westlich des Rheins.

Wiedererkennen würden den Feldhamster allerdings nicht nur die Naturkenner. So markant, fast meerschweinartig ist sein Erscheinungsbild. Etwa 30 Zentimeter lang und bis zu 500 Gramm schwer ist der oberseits braune und unterseits schwarze kräftige Nager mit seinen hellen Flecken an den Körperseiten. Die Kultursteppe ist für ihn der Ersatz für seinen Lebensraum, in der ursprünglichen Steppe im Osten.

Dass er dort, wo er in größerer Zahl auftrat, bei den Menschen nicht beliebt war, wird verständlich, wenn man hört, dass er bis zu zehn Meter lange und zwei Meter tiefe Bauten anlegt. Zur Erntezeit trägt er in gefüllten Backentaschen bis zu 15 Kilogramm Getreide ein. Kinder, die den Mund zu voll nahmen, bekamen oft auch etwas von den „Hamstertaschen“ zu hören.

Für einen Feldhamster muss der Vorrat immerhin ein halbes Jahr reichen. Während der Zeit von Oktober bis März hält er nämlich Winterschlaf, den er etwa einmal wöchentlich unterbricht, um von den Körnern zu fressen. Manchmal soll er auch übermäßig „gehamstert“ haben. Vielerorts war das für hungrige Menschen Grund genug, die Hamsterbauten auszugraben und sich die Vorräte anzueignen. Heute gilt die Gefahr, dass Räder landwirtschaftlicher Geräte in die unterirdischen Gänge einbrechen, als wichtigster Grund für die Verfolgung der Feldhamster, die vielerorts in Mitteleuropa auszusterben drohen und deshalb besonders geschützt werden müssen. St.