Draußen beobachtet

Jeder Fleck Natur ist erhaltenswert

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 27.02.2019


MÖHNESEE – Früher verstand man unter einem „Steingarten“ eine künstliche Gartenanlage mit alpinem Charakter. Dazu gehörten in bunter Artenvielfalt anspruchslose Blütenpflanzen, vor allem Trockenmauer- und Polsterstauden. Blaukissen (Aubretia), Schleifenblumen (Iberis), Steinbrech (Saxifraga) und Alyssum sorgten – vor allem im Frühling – für einen bunten Blütenteppich.
Heute wird derselbe Begriff „Steingarten“ für möglichst vegetationsfreie, komplett versiegelte, mit Kiesel oder anderem Gestein belegte Flächen verwandt. Solche sind – vor allem in Neubausiedlungen – im Kommen, weil sich die Hausbesitzer davon Arbeitsersparnis versprechen, die aber nicht gegeben ist. Über kurz oder lang werden die Schotterschicht und auch die Folien von einzelnen Gräsern, deren Kraft und Durchhaltevermögen nur zu bewundern sind, unterwachsen und überwunden, deren Beseitigung besonders schwierig ist.
Aber nicht um Steingärtnern diese Erfahrung zu ersparen, sondern aus fundierten ökologischen Gründen raten Naturschützer von der Form der „Gartengestaltung“ ab. In einer Zeit, in der um jedes Stückchen Natur gerungen wird, ist es nicht mehr hinnehmbar, Stück für Stück freien Bodens der Natur zu entziehen. In mehreren Städte– in unserer Nachbarschaft unter anderem in Dortmund – plant man bereits Verbote von Steingärten in alle neuen Bebauungspläne aufzunehmen. Im ländlichen Bereich ist das möglicherweise nicht nötig. Hier sollten die Einsicht und das ökologische Grundwissen ausreichen, um den Lebensraum für Tiere und Pflanzen auf keinen Fall unnötig zu schmälern, das Versickern des Regenwassers in den Boden nicht zu behindern und die Aufheizung des Siedlungsraums durch das Gestein zu vermeiden. Wer sich alle Gartenarbeit ersparen will, sollte sich die Fläche natürlich begrünen lassen.
Für Gemeindeverwaltungen und andere Einrichtungen der öffentlichen Hand aber sollte ein Steingarten-Verbot selbstverständlich sein, schon wegen der Vorbildfunktion. Auch die Größe des Arnsberger Waldes ist kein Gegenargument! Hier geht es um ein Prinzip! Keinen Quadratmeter Boden mehr versiegeln als unbedingt nötig!