Draußen beobachtet

Mehr Birken als je zuvor

Eine sympathische Baumart, die jeder kennt

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 18.04.2020


MÖHNESEE – Keine Sorge! So trostlos, wie große Teile des Arnsberger Waldes heute aussehen, werden sie nicht lange sein, auch wenn sie aus verschiedenen Gründen so schnell nicht wieder aufgeforstet werden.
Das Samenpotential, das im Boden ruht, wird die Flächen wieder mit Leben erfüllen. Wanderer und Naturfreunde werden das begrüßen. Nur wo sich Kahlflächen wieder flächendeckend mit Fichten-Naturverjüngung überziehen, ist das ein Problem, weil sich die gegenwärtige Katastrophe nicht wiederholen soll.
Die sogenannte Kahlschlagflora aus Hochstauden wie Weidenröschen und Fingerhut wird schon nach wenigen Jahren heranwachsen und in Blüte stehen. Als erste Gehölze werden sich Birken unter die Kräuter mischen. Wie schön die jungen Birken aussehen, können die Wanderer beispielhaft am Hevesüdrandweg zwischen der Sperrmauer und der B 229 sehen. Stellenweise sind ganze Flächen dicht mit jungen Birken bewachsen, anderenorts alle Lücken. Hinter kleinen Hordengattern wurden bereits Bäumchen anderer Arten gepflanzt.
Die jetzt schon mehrere Meter hohen Birken haben Lücken besetzt, die Stürme bereits vor den Borkenkäfern gerissen haben. Alle zwei Jahre produzieren die alten Birken im Umkreis von zwei Kilometern Unmengen von kleinen geflügelten Samen, die im September/Oktober durch den Wind überall hingetragen werden und an jedem freien und unbeschatteten Ort keimen und heranwachsen können. Birken sind nämlich äußerst anspruchslose Pioniere auf armen und vernässten Böden, die alles, nur keine schattenspendenden Bäume über sich ertragen können. Insofern sind sie besonders erfolgreiche Erstsiedler auf ehemaligen geräumten Fichtenflächen.
In jungen Jahren bieten die Birken mit ihrer glatten, weißen „Spiegelrinde“ einen besonders jugendfrischen Anblick und stellen deshalb traditionell das Maiengrün für Frühlingsfeste und Geselligkeit.
Zusammen mit dem frischen Laub tragen schon 15-jährige Bäumchen am selben Zweig hängende männliche und abstehende weibliche Kätzchen, die ganze Wölkchen Blütenstaub dem Wind anvertrauen. Schon im Herbst des selben Jahres verbreitet der Wind die kleinen Nüsschen über das Land.
Die heranwachsenden Birken, die in ihrer Jugend rasch größer werden, dafür aber nur selten ein Alter von 80 bis 100 Jahren und eine Höhe von 25 bis 30 Metern erreichen. Als Wirtschaftsbaumart – lange Zeit etwas vernachlässigt, neuerdings aber wieder mehr wertgeschätzt – werden die Birken früh, bereits nach 60 bis 80 Jahren, geerntet.
Das Besondere an den Birken ist, dass sie ohne arbeitsintensive Pflege durch den Menschen spontan – ohne Aussaat oder Anpflanzung – zu dichten Beständen heranwachsen. Für die Pflanzen- und Tierwelt bieten sie artenreiche Lebensräume, für das Wild einen so sicheren Unterschlupf, dass man mit Fug und Recht für Schneisen sorgt, um es überhaupt bejagen und im Bestand regulieren zu können. Am wichtigsten aber ist, dass Berg und Tal wieder begrünt werden, intakte Wälder als Kohlenstoffsenke wirken und den Wasserhaushalt regulieren können. Was sie den Wanderern und Naturfreunden bedeuten, wissen Tausende von Menschen aus eigener Erfahrung.