Draußen beobachtet

Nachwuchs nicht immer willkommen

Zu viel Fichten-Naturverjüngung in den Bachtälern
Erschienen im Soester Anzeiger am 30.11.2016


MÖHNESEE – Erst seit gut 200 Jahren gibt es Fichten im Sauerland. In der kurzen hessischen Zeit zwischen Säkularisation (1803) und Wiener Kongress (1816) begannen die Versuche, devastierte Wälder mit aus dem Thüringer Wald importiertem Fichtensaatgut aufzuforsten. Die Bauern waren damit anfangs absolut nicht einverstanden, weil sie ihr karges offenes Weideland zu verlieren befürchteten.

Dem einzigartigen Siegeszug der „Hessischen Tannen“, den die Preußen noch beschleunigten, fiel im 19. und 20. Jahrhundert nach und nach so viel ursprüngliches Laubholz zum Opfer, dass auch im Arnsberger Wald schließlich die Fichte zur dominanten Holzart wurde. In Reih und Glied gepflanzte Fichtenmonokulturen beherrschten auf immer größere Flächen den Wald. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg – anfangs nur zögerlich – vollzog sich die Wende zu einem naturgemäßeren Waldbau mit bodenständigen Laubbaumarten, vor allem mit Buchen. Der Katastrophensturm Kyrill und die Klimawende haben dazu beigetragen, dass die weitere Verfichtung des Arnsberger Waldes gestoppt wurde.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Quelle: Angelika von Tolkacz

Die Renaturierung der Bachtäler an Schmalenau und Heve hat ebenfalls zur Zurückdrängung der Fichten geführt. Allerdings bereitet die starke „Naturverjüngung“ der Fichten auch auf Auen-Standorten den Naturschützern Sorgen. Mancherorts kommen sie „wie die Haare auf dem Hund“. Wo rundum 40- bis 50-jährige Fichten derzeit nahezu alljährlich Unmengen Zapfen produzieren, wächst auch auf den geräumten Flächen der Nachwuchs heran.
Immerhin über 100 Meter weit trägt der Wind im Winter und Frühling bei trockener Witterung die vier bis fünf Millimeter großen und mit 15 Millimeter langen Flügeln ausgestatteten Samen, von denen jeder Zapfen 300 bis 500 freisetzt.

Wenn man bedenkt, dass 80 bis 90 Prozent davon an geeignetem Ort keimfähig sind und drei bis sechs Jahre keimfähig bleiben, kann man getrost von „zu viel Nachwuchs“ sprechen und mit Fug und Recht befürchten, dass man die Geister, die man rief, kaum auf das angestrebte Maß wieder zurückführen wird. Doch der Anfang ist gemacht. St.