Draußen beobachtet

Natur vor 75 Jahren

Eine Wanderung durchs Hevetal nach Neuhaus
Erschienen im Soester Anzeiger am 13.07.2016


MÖHNESEE – Selbst die Ältesten unter den Naturfreunden können nicht mehr erzählen, wie die heimische Tier- und Pflanzenwelt vor dem zweiten Weltkrieg aussah. Da war es schon eine interessante Entdeckung, die Ursula Manke im Archiv des Heimatvereins machte: „Bemerkenswerte Tiere und Pflanzen des Amtes Körbecke“. Im Soester Heimatkalender 1940 beschreibt der Stockumer Lehrer Heitkemper eine Wanderung durch den Arnsberger Wald ins Hevetal und nach Neuhaus. Nach einem damals zeittypischen Prolog nennt er etliche Tier- und Pflanzenarten, die er für bemerkenswert hält.

Trotz des mehr erzählerischen Stils sind Heitkempers Beobachtungen es wert, mit den heutigen Verhältnissen verglichen zu werden. So schien damals der Hirschkäfer noch häufiger gewesen zu sein. Am Möhnesee gab es wie heute zur Sommerzeit Haubentaucher und Fischreiher sowie neben den Bläßhühnern auch das Grünfüßige Teichhuhn, das man hier inzwischen vergeblich sucht. Der Mauersegler brütete „an der Westseite des Stockumer Schulhauses“. Der Rote Milan gehörte schon damals zu den seltensten Greifvögeln, ist aber auch heute noch am Möhnesee als Brutvogel heimisch. Voller Enthusiasmus beschreibt der Autor an der Heve den Eisvogel, der auch in unseren Tagen mit seiner Farbenpracht Natur- und Heimatfreunde begeistert.

Dass das Fuchskreuzkraut als „seltener“ beschrieben wird, mag damit zusammenhängen, dass es damals noch nicht so viele lichtdurchflutete Kahl- und Kyrillflächen gab. Die Wacholderbüsche am Rande des Hevetals in Richtung Hirschberg, deren Überleben wir dem Naturschutz und engagierten Forstleuten verdanken, waren für den Lehrer Heitkemper eine Besonderheit und die Mahnung wert, die „heilkräftigen Beeren“ nicht zu ernten, um sie dem Sauerkraut „beizumengen“.

Besonders beachtenswert ist ein Passus, in dem auf die drei Giftpflanzen Fingerhut, Aronstab und Seidelbast eingegangen wird. Auf den Seidelbast geht Heitkemper besonders ein, vor allem allerdings auf seine Rolle in der Mythologie und in einer christlichen Legende. Dieser hübsche Frühblüher, der auf unseren kalk- und nährstoffarmen Böden aus verwitterter Grauwacke und Sandstein nicht zu erwarten ist, wuchs schon vor 75 Jahren ebenso wie vereinzelt noch heute am Wege nach Schloss Wilhelmsruh, heute leider umbenannt in St. Meinolf. Wahrscheinlich war schon damals für den Wegebau Kalkschotter verwandt worden, der sich auch auf die Bankette auswirkt. St.