Draußen beobachtet

Nester werden sichtbar

Runde Kobel – Mistern oder Elsternnester?
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 14.11.2018


MÖHNESEE – Nach dem Laubfall wird sichtbar, dass im Garten manchmal mehr Vögel gebrütet haben, als man beobachtete. Im Schutz des dichten Laubes blieben gelegentlich Nester unentdeckt, vor allem in Hecken und in Bodennähe.
Die zutraulichen Amseln haben im Siedlungsbereich alle möglichen Standorte für den Nestbau genutzt. Ihre Nester sind fest gebaute Näpfe, die auch im Herbst und Winter gut erhalten sein können, weil eine Schicht aus einem Erdgemisch ihnen Halt verleiht. Noch widerstandsfähiger ist das sorgfältig geformte napfartige Nest der Singdrossel, das außen von Zweigen umgeben ist.
Natürlich haben die größeren Arten auch meistens größere Nester. Relativ kleine und lockere Reisernester im Gezweig höherer Bäume bauen die Ringeltauben. Sie sind so locker gebaut, dass die Eier oft vom Boden aus zu sehen sind. Besonders eifrige Baumeister sind die Zaunkönig-Männchen, die oft mehrere überdachte Nester aus Blättern, Federn und Moosen bauen, von denen das Weibchen eines aussucht. Manche Zaunkönig-Männchen versorgen auch zwei oder drei Weibchen mit Nestern.
Ob sie im Laufe des Sommers ein oder zwei Bruten großziehen, ist von Art zu Art unterschiedlich. Ob die Nester bis zum Ausfliegen der Jungen ihre Funktion erfüllen können, hängt vom individuellen Schicksal ab. Auf jeden Fall muss man davon ausgehen, dass man nicht aus der Zahl der Nester immer auf die Zahl erfolgreicher Bruten schließen darf. Das gilt auch für die Meisen und für andere Höhlenbrüter, auf die man beim Reinigen der Nistkästen stößt, das in der ersten Hälfte des Winterhalbjahres erfolgen sollte.
Auch in den winterlich kahlen Wipfeln höherer Pappeln oder Linden sind nestähnliche runde Gebilde zu sehen, die nicht immer Elsternnester sein müssen. Man muss schon genau hinsehen. Es können auch Misteln sein, die als Halbschmarotzer ihr Verbreitungsgebiet in der Gemeinde Möhnesee zurzeit deutlich nach Süden ausweiten. Elsternnester, die auch „Kobel“ genannt werden, sind unverhältnismäßig große, mit Erde verfestigte runde Gebilde, die oft mehrere Jahre auch von anderen Vogelarten genutzt werden.