Krammetsvögel starben zu Tausenden
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 17.11.2018

MÖHNESEE – Tagelang waren nur wenige Drosseln im Garten. Mit einem Male aber sind ganze Schwärme da. Und alle haben nur ein Ziel: den großen Ilexstrauch mit seiner Fülle roter Früchte, die als Wintersteher sonst oft bis über Weihnachten ungeerntet bleiben. In anderen Gärten tummelte sich der Drosselschwarm schon einige Wochen früher ebenfalls wegen des Ilex, der übrigens auch Hülse oder Hülskrabbe genannt wird.
Erst bei genauerem Hinsehen bemerkt man, dass es sich um mindestens drei verschiedene Drosselarten handelt. Vorherrschend scheinen unsere Schwarzdrosseln oder Amseln zu sein. Zeitweilig sind aber auch die Wacholderdrosseln sehr zahlreich. Sie sind unsere buntesten Drosseln mit grauem Nacken und Bürzel und auffällig braunen Flügeldecken. Nicht minder bemerkenswert ist ihre Verbreitung als Brutvogel in unserem Lande.
Als Durchzügler aus Skandinavien ist die Wacholderdrossel im Winterhalbjahr eine der häufigsten Vogelarten. Zeitweilig müssen Hunderttausende im Lande sein, die große Schwärme bilden und früher auch bei uns gefangen wurden. Auf dem Markt wurden sie als „Krammetsvögel“ verkauft. Dabei wurde nicht sauber zwischen verschiedenen Drosselarten unterschieden.
Brutvögel wurden sie allerdings erst recht in der Mitte des vorigen Jahrhunderts von Südosten her – zuerst im Sauerland und bis zur Lippe. Dem bekannten Ornithologen Professor Peitzmeier diente die Art als Forschungsobjekt hinsichtlich der Ausbreitung eines Neuankömmlings.
Inzwischen haben Wacholderdrosseln auch schon in der Gemeinde Möhnesee gebrütet, und zwar in Pappeln am Ostrand von Körbecke und in Körbecke. sie werden selten übersehen, weil sie meistens zu mehreren – in Kolonien – brüten und auf potentielle Feinde – Greif- und Krähenvögel – lautstark und besonders aggressiv reagieren. Augenblicklich aber handelt es sich gewiss um Gäste aus dem Norden, die sich in großer Zahl die Beeren schmecken lassen.