Draußen beobachtet

Schön, aber giftig

Im Arnsberger Wald blüht Fingerhut zu Tausenden
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 16.06.2018


MÖHNESEE – Die schönste Augenweide im Arnsberger Wald verdankt der Wanderer in diesen Tagen dem Sturm, weniger dem Sturm Friederike, der in diesem Jahr wütete als dessen Vorgängern. Der Rote Fingerhut überzieht die Kahlflächen erst nach zwei Jahren. Als „Lichtkeimer“ und zweijährige Pflanze erwacht er erst, wenn der im Boden ruhende Samen nach den Sturmschäden das volle Tageslicht erhält.
Der rote Fingerhut ist auf kalkarmen Böden in den Mittelgebirgen häufiger anzutreffen als auf der Haar und in der Westfälischen Bucht. Weil er hin und wieder auch von Naturfreunden ausgesät wird, gibt es einzelne Vorkommen auch außerhalb seiner natürlichen Grenzen. Allerdings raten Fachleute davon ab, auf solche Art und Weise die Flora zu verfälschen. Die Kahlschläge, Windwürfe, Lichtungen und Wegränder mit Rotem Fingerhut sind schon etwas Besonderes und Landschaftstypisches.
Der deutsche Name „Fingerhut“ und die wissenschaftliche Bezeichnung „Digitalis“ trägt die Art mit den purpurroten nickenden Blüten der Blütenform wegen. Die Pflanze wird bis zum 150 Zentimeter hoch und trägt einseitswendige etwa vier bis sechs Zentimeter große Blüten an jedem Stängel. Über die biologische Bedeutung der dunklen, weiß umrandeten Flecken auf der Innenseite der Blüten gibt es nur verschiedene Vermutungen. In die Blüten eindringen und die Bestäubung vollführen können nur die Hummeln.

By Kuebi = Armin Kübelbeck [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons

Um größere, mit Fingerhüten bestandene Schläge erleben zu können, hat jeder seine eigenen Ziele südlich der Möhne. Oft ist dort der Rote Fingerhut mit dem fast gleich großen Waldweidenröschen vergesellschaftet. Im Gegensatz zum Roten Fingerhut wird dieses aber vom Wild heißhungrig abgeäst. Waldweidenröschen sind vielerorts nur noch in eingezäunten Flächen anzutreffen, wo das Wild nicht hingelangen kann. Die Blätter des Fingerhuts sind sehr giftig und bleiben vom Reh-, Sika- und Rotwild verschont.
Als altes Volksheilmittel, das speziell auf den Herzmuskel wirkt, hat es zu schlimmen Vergiftungen, vor allem durch Überdosierung, geführt.
Heute wird davon abgeraten und nachdrücklich davor gewarnt. In manchen Medikamenten aber sind noch Bestandteile mediterraner Fingerhut-Arten enthalten.