Draußen beobachtet

Seidenreiher im Naturschutzgebiet Hevetal

Immer wieder kommen gefiederte Gäste
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 30.08.2017


MÖHNESEE – Naturkundliche Beobachtungen im Naturschutzgebiet Hevearm und Hevesee sind nie langweilig, weil zu jeder Jahreszeit – auch im Hochsommer – Überraschungen zu erwarten sind. Das sind in erster Linie Vogelarten, die auch in 60 Jahren trotz regelmäßiger Bestandsaufnahmen noch nie erfasst wurden, wie beispielsweise im Oktober 2004 die ersten Silberreiher.
Als Spaziergänger erstmalig schneeweiße Reiher am Möhnesee beobachteten, glaubten sie, es seien Albinos, zumal sie in Größe und Gestalt den einheimischen Graureihern glichen. Seither sind die Silberreiher immer häufiger und schließlich fast das ganze Jahr über an verschiedenen Orten am See entdeckt worden. Das ist wegen ihrer Auffälligkeit nicht schwer. Gebrütet haben die neuen Gäste allerdings weder am Möhnesee noch anderswo in Nordrhein-Westfalen. Sie kommen offensichtlich immer aus Südosteuropa eingeflogen.
Zwei andere, ebenso weiße Reiher hatten sich Mitte August zu mehreren hundert Kormoranen gesellt, die auf dem Ufer der Schlibbecke-Halbinsel im Hevetal auf den Abflug in ihre Schlafbäume warteten. Gut zwei Köpfe kleiner als ein in der Nähe stehender Graureiher fielen sie den Vogelkundlern gleich auf, zumal ihre gelben Zehen sich deutlich von den schwarzen Beinen abhoben.
Bislang waren diese kleineren Reiher offenbar am Möhnesee noch nicht und im ganzen Lande nur seltener beobachtet worden als die Silberreiher. Dabei gehören die im Mittelmeerraum heimischen Seidenreiher zu den weltweit am weitesten verbreiteten und häufigsten Reiherarten. Sie haben ihre Horste in Bäumen und Büschen und brüten vorzugsweise in Kolonien, manchmal sogar gemeinsam mit anderen Reiherarten.
Für Naturfreunde ist jede Entdeckung einer „neuen“ Vogelart ein besonderes Erlebnis, vor allem wenn sie in den Folgejahren dauerhaft oder wieder dauerhaft hier sesshaft wird wie der Schwarzstorch und der Kolkrabe. Dagegen sind die drei Gänsearten (Grau-, Kanada- und Nilgans), obwohl sie alle drei rund um den Möhnesee brüten und zurzeit scharenweise die Ufer bevölkern, Ankömmlinge zweiter Klasse, weil sie sich nur mit menschlicher Hilfe so stark ausbreiteten