Draußen beobachtet

Spuren des Waldes

Viel Wild auf halbierter Waldfläche

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 13.11.2019


MÖHNESEE – Seitdem die Borkenkäfer die eine Hälfte des Arnsberger Waldes vernichten, konzentrieren sich die Waldbewohner auf die andere Hälfte. Diese wird umso stärker belastet und gestört. Wanderer und Naturfreunde erkennen das an den Spuren des Wildes am Wanderwege, Förster und Waldbesitzer an den Wildschäden, die sehr unterschiedlicher Natur sein können.
Am schlimmsten sind die sogenannten „Verbissschäden“, an denen die drei Hirschverwandten beteiligt sind: das Rotwild, das Sikawild und das Rehwild. Sie verbeißen junge Triebe, Knospen und Blätter von jungen Bäumen und Sträuchern, bis diese schließlich „aus der Schere des Wildes herauswachsen“. Manche schaffen das jahrelang nicht oder auch nie. Missgebildete,kleine „Bonsei-Bäumchen“ sind die Folge, die wirtschaftlichen Schäden in dem Forst gehen im ganzen Sauerland in die Millionen.
Nur das Rot- und das Sikawild verursachen die Schälschäden an älteren Buchen und Fichten, indem sie Wurzelanläufe und Stämme benagen und entrinden. Missbildungen, Zuwuchsverluste und Infektionen vermindern und entwerten das Nutzholz glattrindige Baumarten zumindest im unteren Stammteil. Die zum Teil überwachsenen Schälschäden bleiben vielerorts bis ins Alter sichtbar. In heimischen Revieren stammen sie größtenteils vom Sikawild.
Junge Bäume und Sträucher weisen gelegentlich „Fegeschäden“ auf, die dadurch entstehen, dass Rothirsche, Sikahirsche und Rehböcke ihre Geweihe und Gehörne durch heftiges Schlagen an junge Bäume und Sträucher alljährlich von der Bastschicht befreien und dabei die Rinde etlicher Bäume beschädigen. Dazu nutzen sie gerne seltenere Baumarten, die oft von Waldarbeitern einzeln durch mechanische Schutzvorrichtungen vor der Vernichtung bewahrt werden müssen.
Von allen heimischen Paarzehern sind im Walde am harmlosesten die Wildschweine, die bei der Suche nach Eicheln und Mäusen, Würmern und anderem Getier den Boden durchwühlen und dadurch das Keimbett für eine Naturverjüngung der Waldbäume vorbereiten. Umso größer sind die Schäden der Wildschweine auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Die Wildschäden in den Wäldern sind vollständig nicht zu verhindern, allerdings durch angepasste Wildbestände zu vermindern. Die Freihaltung von Wildwiesen und die Anlage von „Proßholzgärten“ mit vom Wild bevorzugt abgeästen Gehölzen tragen dazu bei, das Wild aus den Kulturen abzulenken und die Wildschäden in Grenzen zu halten. Bei der Neugestaltung der Wälder der Zukunft und vor allem im Rahmen deren spontaner Entwicklung sollten die verschiedenen Möglichkeiten zum Wohle von Wald und Wild genutzt werden.