Draußen beobachtet

Steckrüben

Delikatessen aus Großmutter Zeiten
Erschienen im Soester Anzeiger am 01.03.2017


MÖHNESEE – Unter der Überschrift „Delikatessen aus Großmutter Zeiten“ wird für ein Gericht geworben, das sich vor 100 Jahren wohl kaum noch ein Kind auf den Tisch gewünscht hätte, weil es ohnehin Tag für Tag dafür sorgte, dass der Magen nicht leer blieb. Im Steckrübenwinter 1916/17 hat man in den Städten gehungert und auf dem Lande dem Vieh das Futter weggegessen. Im Jubiläumsjahr der Hungersnot des Ersten Weltkrieges lohnt es sich, der Kohlrübe zu gedenken, der damals viele Menschen ihr Überleben verdankten und die heute nur noch selten auf den Feldern anzutreffen ist.
Die Steck- oder Kohlrübe ist eine alte Kulturpflanze, die als Bastard zwischen zwei verschiedenen Kreuzblütlern samentreu geworden ist. Als zweijährige Pflanze bildet sie im ersten Jahr eine Rosette, erst im zweiten Jahr den Blütenstand aus. Wegen der schnellen Entwicklung der Knollen gilt sie als „Dreimonatspflanze“, die man gern auf Fehlstellen anderer Hackfrüchte nachpflanzte, früher oft zu Runkeln, die allerdings auch ihre bedeutende Rolle in der Viehfütterung verloren haben.

Die beiden jeweils kopfgroßen und mehrere Kilogramm schweren Rüben, die bläulichen Steck- und die gelblich roten Runkelrüben sind trotz entfernter Ähnlichkeit Angehörige zweier verschiedener Pflanzenfamilien. Die Steckrüben gehören mit den Stoppelrüben und dem formenreichen Gemüsekohl zu den Brassica-Rüben der Kreuzblütler, die Runkelrüben ebenso wie Rote Rüben und Zuckerrüben zu den Beta-Rüben der Gänsefußgewächse. In den beiden Pflanzengattungen kulminiert die Arten- und Sortenvielfalt unserer Gemüsepflanzen.

Quelle: wikimedia.org

Zumindest auf den Wochenmärkten können Schüler und Erwachsene die Rüben- und Gemüsepflanzen noch näher kennen- und unterscheiden lernen, die von vielen schon als historisch angesehen werden. Vielleicht aber holt die Nostalgie die Steckrüben zurück auf die Speisekarten. Zu wünschen wäre es, und zu empfehlen auch, schon um die Küche vor der Verarmung zu bewahren. Die Rückbesinnung auf den Steckrübenwinter vor 100 Jahren erinnert uns daran, wie schwere Zeiten unsere Vorfahren durchlebt haben. St.