Draußen beobachtet

Veilchen-Duft macht Geschichte

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 13.04.2019


MÖHNESEE – Wer findet das erste Veilchen im dichten Gebüsch? Jedes Jahr war das die Herausforderung zum Suchen nach den Frühlingsboten. In Siedlungsnähe kannte man die Standorte, nicht draußen im Wald. Zumindest das Wohlriechende Veilchen, das auch Duft-Veilchen genannt wird, ist ein alter Begleiter des Menschen und war früher eine gehegte Gartenpflanze.
Schon längst hat es sich in die Lebensgemeinschaft der Wildpflanzen integriert. Dass das Veilchen aus den Gärten entkommen konnte, hat es den Ameisen zu verdanken. Wegen eines schmackhaften Anhängsels – Elaiosomen genannt – trugen sie die Samenkörnchen davon, auch über die Gartengrenze hinweg.
Sie „blühen wie Veilchen im Verborgenen“ sagt man von bescheidenen Leuten. Seit dem Altertum ist das Veilchen ein Symbol der Unschuld. Veilchenkränze sollen vor Rausch und Kopfschmerzen schützen. Ob das aber hilft, wenn der Trinker „veilchenblau“ ist, bleibe besser einmal dahingestellt.
Ansonsten aber dreht sich bei unserem Veilchen alles um den Duft. Der deutsche Name „Veilchen“ ist eine Verkleinerungsform, die letztlich auf das lateinische „Viola“ zurückgeht, wie die Römer verschiedene Duftpflanzen bezeichneten. Dem Artnamen „Wohlriechendes“ oder „Duftveilchen“ entspricht in der wissenschaftlichen Terminologie die „Viola odorata“. Doch Veilchenduft – etwa wie den natürlichen Rosenduft – für Parfüms zu verwenden soll nicht möglich oder zu kostenträchtig sein.
In der Volksmedizin wird das Kraut der Veilchen als schleimlösend empfohlen. „Veilchenwurzel“ ist allerdings die deutsche Drogenbezeichnung nicht für Veilchen, sondern für den Wurzelstock der Schwertlilie (Iris). Für Sirup und Getränke wurden wiederum Duftveilchen verwandt.
Das Wohlriechende Veilchen verbreitet sich nicht nur durch Samen, sondern vor allem durch ober- und unterirdische Ausläufer. Das gilt auch für die anderen vier in Westfalen einheimischen, aber nicht duftenden Viola-Arten. die bekannten Alpenveilchen und Usambaraveilchen haben verwandtschaftlich nichts mit unseren Veilchen der Gattung Viola zu tun; sie schmücken sich nur mit dem Namen.