Draußen beobachtet

Verachtet mir die Robinien nicht

Sie dürften hitze- und dürreresistent den Klimawandel ertragen

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 12.02.2020


MÖHNESEE – Robinien – auch „Falsche Akazien“ genannt – findet man vor allem in Gärten und Parks sowie in Baumgruppen außerhalb des Waldes. Wegen ihrer Anspruchslosigkeit hat man sie auch zur Begrünung von Industriebrachen und des Schotters von Bahndämmen benutzt. In der Gemeinde Möhnesee fand man sie vereinzelt auch am ehemaligen Bahndamm und heutigen Wanderweg zwischen Wamel und Völlinghausen. Hier sind sie allerdings selten geworden. Viele haben ihr Alter erreicht, andere wurden beseitigt, weil sie in Europa nicht von Natur aus heimisch, nicht bodenständig sind.
Unter dem Eindruck des drohenden Klimawandels hat sich auch das Blatt gewendet. Inzwischen als „Baum des Jahres 2020“ geadelt, schenkt man der Robinie wieder mehr Aufmerksamkeit. Wenn unsere Wälder grün bleiben oder wieder grün werden sollen, spielt die Herkunft der Baumarten eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist, dass sie Hitze und Trockenheit ertragen. Dafür sind die Robinien bekannt. In den Mischwäldern der Zukunft könnten sie zumindest eine Nebenrolle spielen.
Heimat der Robinie (Robinia pseudoacacia) ist der Osten Nordamerikas. Schon im 17. Jahrhundert gelangte sie nach Europa. Nach dem Hofgärtner Jean Robin (1550 bis 1629) wurde sie benannt. Sie gehört zur Familie der Schmetterlingsblütler. Am Grunde ihrer unpaarig gefiederten Blätter vertreten Blattdornen die Nebenblätter. Im Mai und Juni schmückt sie sich mit angenehm duftenden Blüten, die in dichten weißen Trauben herabhängen. Auffällig an der Art sind im Winter die meistens zweigeteilte Krone (Zwiesel) und die tiefgefurchte Borke. Als einer der letzten Laubbäume entfaltet die Robinie erst Ende Mai ihre Blätter.
Zu den Vorzügen der Robinie, die 20 bis 25 Meter hoch werden kann, gehört ihre Bescheidenheit. Sie bietet als Pionierbaum auch in schwierigem Gelände Erosionsschutz. Mit ihren stickstoffbindenden Knöllchenbakterien trägt sie zur Bodenverbesserung im Wurzelbereich bei. Die Imker schwärmen von den Robinien als den zucker- und nektarreichsten Blütenpflanzen. Und auch das Robinienholz ist vielseitig verwendbar. Es ist so hart und dauerhaft, dass man sogar Holznägel daraus machte. Auch heute wird es noch für Sportgeräte und Werkzeugschäfte verwandt, nicht zuletzt für Pfähle und sogar manchmal auch für Parkett.
Eine solch interessante Baumart verdient es wegen ihrer Zukunftsfähigkeit, als Mischbaumart an verschiedenen Orten bei der Wiederaufforstung ehemaliger Fichtenbestände berücksichtigt zu werden. Gemeinsam mit den anderen Waldbäumen würden die Robinien auch der Rolle wertvoller CO2-Produzenten gerecht. „Darum verachtet mir die bescheidenen Robinien nicht!“, so der Verfasser.