Draußen beobachtet

Verspätete Johannistriebe

Eine Überlebenshilfe für die Eichen

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 13.07.2019


MÖHNESEE – Am Johannistag (24. Juni) suchte man noch vergeblich nach dem zweiten Austrieb der Eichen. Inzwischen ist er da und fotografisch dokumentiert. Durch das frische Grün hebt er sich vom normalen Grün ab. Der Johannistrieb ist für die Bäume lebenswichtig. Das gilt vor allem für die Eichen, die in manchen Jahren so stark unter dem Fraß der Raupen des Eichenwicklers leiden, dass sie nach dem Laubaustrieb im Mai nahezu kahl sind.
Wenn auch der Johannistrieb, der aus den Knospen des nächsten Jahres entspringt, aus irgendeinem Grunde – etwa durch Frost oder Schädlingsbefall – zugrunde geht, ist das Schicksal des Baumes besiegelt. Der Johannistrieb ist eine Art Lebensversicherung für den Baum.
Die vielen toten Eichen, die der Spaziergänger auf dem Weg vom Torhaus zum Jagdschloß Wilhelmsruh im Tal der Heve sieht, haben damit allerdings nichts zu tun. Die leiden an der sogenannten Komplexkrankheit, die aus einem Bündel verschiedener Schadfaktoren resultiert. Dazu gehören neben Standort- und Witterungsfaktoren auch Fraßschäden der Wicklerraupen, der Mehltau, massenvermehrte Prachtkäfer und nicht zuletzt der Hallimasch. Da die Krankheit der Eichen in der Vergangenheit schon mehrfach aufgetreten ist und überwunden wurde, wird ein gewisser Verlustprozentsatz offenbar hingenommen. Vielen Vogelarten bieten die toten Eichen ein reiches Nahrungsangebot.
Noch Besorgnis erregender sind die Dürreschäden. nach der extremen Trockenheit des Vorjahres hat sich der Grundwasserkörper unter den Wäldern noch nicht wieder auffüllen können, was besonders schlimm ist angesichts der erneuten Trockenperiode. Der Standort am Straßenrand ist an sich schon für Bäume extrem. Erst recht müssten junge, neu gepflanzte Bäume unbedingt gewässert werden, wenn sie die erste Krise ihres Lebens überstehen sollen. Das gilt auch für die zahlreichen Apfelbäumchen, die die Gemeinde Möhnesee erfreulicherweise anpflanzen ließ.