Draußen beobachtet

Vogelkunde bei Kaffee und Kuchen

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 23.02.2019


MÖHNESEE – Wer die artenreiche Vogelwelt des Möhnesees erleben will, muss schon ins Hevetal wandern, das Ausgleichsbecken umrunden oder von der Kanzelbrücke aus den Wameler Seeabschnitt besuchen. Die Naturfreunde wissen das. Fast täglich sieht man einige Vogelkundler ihre großen Monokulare am Seeufer in Position bringen.
Aber es geht auch anders!
Der Heimatverein hatte dieser Tage seinen erweiterten Vorstand in das „Forsthaus Möhnesee“ eingeladen. Noch bevor man Platz genommen hatte, fiel der Blick auf eine Kiefer im nahen Wäldchen und auf ein großes Nest in deren Spitze. Und schon im nächsten Augenblick landete dort ein Graureiher, der offenbar der Besitzer dieses vom Tisch gut sichtbaren Horstes war. Als Kaffee und Kuchen serviert waren, starteten aus den stark gelichteten Bäumen noch einmal vier dieser stolzen Großvögel und zogen dicht am Haus vorbei.
Seitdem war die Aufmerksamkeit geteilt. Die fantastische Sicht auf den See schloss den großen Möwenschwarm mit ein, der sich nach und nach – einem Teppich gleich – vergrößerte. Offenbar hatten die geselligen Vögel schon früh den Weg zum Schlafplatz angetreten. Und auch der Trupp Kormorane, der dicht über dem Wasser in westlicher Richtung flog, war wahrscheinlich schon auf dem Weg zum traditionellen Kormoran-Sammelplatz auf der Halbinsel vor der Schlibbecke-Bucht.
Der Höhepunkt aber folgte erst gegen 17 Uhr und fand auch bei den versammelten Heimatfreunden begeisterte Aufmerksamkeit. Mehrere hundert Kraniche – schon Mitte Februar auf dem Heimweg – zogen niedrig am Horizont über Körbecke, Stockum und Wamel dahin.
Mehrfach formierten sich die Scharen um, ohne wieder die traditionelle Keilformation einzunehmen. Andere Vogelfreunde wollen beobachtet haben, dass ein Teil der großen Kranichschar sich absonderte und in die Gegenrichtung flog.
In der Vergangenheit haben Kraniche schon mehrfach auf den breiten Uferbänken im Hevetal übernachtet. Auch die feuchten Wiesen im Naturschutzgebiet an der Ahse waren schon wiederholt ein ideales Nachtquartier für die Großvögel, die hinsichtlich der Größe sowohl die
Graureiher als auch die Störche übertreffen.