Draußen beobachtet

Vom Waldgeist zum Straßenjungen

Ausnahmsweise mal nicht „vom Aussterben bedroht“
Erschienen im Soester Anzeiger am 22.07.2017


MÖHNESEE – Mitte Juli sind bereits die meisten gefiederten Sänger verstummt, sogar die Amseln und die Mönchsgrasmücken, die monatelang unermüdlich sangen. Nur die Tauben und die Krähen machen eine Ausnahme.
Die Ringeltauben sind in den Dörfern öfter noch als im Walde mit der zweiten oder der dritten Brut beschäftigt, und das wird noch nicht die letzte sein.
Immer wieder sieht man die Tauber aus den Linden an der Körbecker Kirche zum Balzflug starten. Dass man sie auch auf dem Dachfirst der Häuser sehen kann, hätte man früher nicht gedacht. Da galten die Tauben als scheue Waldbewohner, die nur selten von Jägern erbeutet wurden. Sie hätten auf jeder Feder ein Auge, so umsichtig und aufmerksam seien sie.
Und deshalb sprach man von einer „Ringeltaube“, wenn solch eine Beute draußen im Wald gelang.

Das hat sich längst geändert. Die wilden Tauben sind Stadtbewohner und mit dem städtischen Leben vertraut geworden. In den Orten rund um die Möhnetalsperre sind sie keine Seltenheit. Und auch wenn die Elstern manches locker gebaute und leicht auffindbare ‚Taubennest plündern, die nächste Brut folgt gewiss. Auch wenn nur jeweils zwei Junge groß gezogen werden, ist der Bestand dank der Unermüdlichkeit gesichert. Da kommen die Elstern mit nur einer Brut im Jahr nicht mit. Und wenn diese erst keinen Nachwuchs zu versorgen haben, hört auch die Nestplünderei auf.

Quelle: wikimedia.org

So ist es zu erklären, dass trotz der Elstern die Ringeltauben bei uns so zahlreich sind. Auch die Jäger stellen -obwohl sie es könnten und dürften- den wilden Tauben kaum nach, die nicht mehr „heimliche Waldgeister”, sondern mancherorts dreiste „Straßenjungen“ sind. Glücklicherweise gilt hier einmal nicht das Attribut „vom Aussterben bedroht“. Mit dem Einzug in die Siedlungen haben sich die Ringeltauben vermehrt. Gleichzeitig sind sie zutraulicher geworden. Und mit der aus dem Südosten eingewanderten Türkentaube ist sogar noch eine zweite Taubenart fast überall hierzulande heimisch geworden, zur Freude auch der Gartenfreunde, die nur noch selten Erbsen und Bohnen legen und deshalb in den Tauben auch keine Konkurrenten mehr sehen.