Draußen beobachtet

Vom Wegrand in den Garten

Vom Wegrand in den Garten
Erschienen im Soester Anzeiger am 12.07.2017


MÖHNESEE – Die Stammpflanze unseres Grünen Salats wächst zurzeit hier und dort an unseren Straßen- und Wegrändern, ist aber im Grunde genommen eine weitgereiste Steppenpflanze, die ihre eigentliche Heimat in Südosteuropa hat. Dass sie dem trocken-heißen Klima angepasst ist, sieht man ihr auch heute noch an.
Es ist der Kompasslattich, eine geschichtsträchtige, besonders interessante Pflanzenart, die dem aufmerksamen Betrachter leicht auffällt. Ihre fiederteiligen Blätter stehen nicht – wie üblich – mehr oder weniger waagerecht, sondern senkrecht. Auf diese Weise weichen sie der intensiven Sonneneinstrahlung aus, zumal wenn sie sich auf die Nord-Süd-Richtung ausrichten. Botaniker haben die bis über einen Meter große Pflanze deshalb Kompasslattich genannt.
Auch andere Teile des Namens beschreiben Besonderheiten dieser Pflanzenarten. „Lattich“ weist ebenso wie der lateinische Gattungsname „Lactuca“ auf den Milchsaft hin, der Kindern oft Ärger wegen der schwer entfernbaren Flecken in Kleidern und Hosen einbringt. Der Pflanze dient der weiße Gerbstoff als Schutzmittel gegen Tierfraß. Ein weiterer Hinweis auf die ehemalige Steppenpflanze ist die über zwei Meter lange Wurzel, die auch in Trockengebieten in der Tiefe am ehesten noch Feuchtigkeit findet.
Weil die Mittelrippe der Blätter auf der Blattunterseite stachelig ist, heißt der Kompasslattich mit vollem wissenschaftlichen Namen „Lactuca serriola“, wobei „serriola“ auf Latein an die Säge erinnert und so wie „fein gesägt“ bedeutet.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Wenn wir die merkwürdige Wildpflanze am Weg- und Straßenrand betrachten, kommt uns als ferner Nachfahre auch der Grüne Salat in den Sinn, den schon die alten Ägypter in Kultur nahmen. Über die Klostergärten kamen bereits bestimmt Zuchtformen in die Hausgärten und sind als Kopf- oder als Schnittsalat heute weltweit verbreitet. Aus der Gegend von Neapel soll der „Eisbergsalat“ stammen.
Ein bekanntes, wenn auch nicht beliebtes Phänomen zeigt der Grüne Salat auch in unseren Tagen. Als Langtagpflanze zeigt er gerade zur Mittsommerzeit bei feuchtwarmem Wetter ein so schnelles Längenwachstum, dass der Gärtner geradezu über das „Schießen“ des Salats klagt. St.