Draußen beobachtet

Waschbären poltern auf dem Dachboden

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 4.05.2019


MÖHNESEE – „Das ist, als machten sie Party“, so beschreibt ein junger Naturfreund das Gepolter der Waschbären, wenn sie erst einmal auf den Dachboden gelangt sind. Hier haben sie einen Müllbehälter bei der Suche nach Fressbarem umgekippt, dort über Nacht alle Futterknödel abgerissen, die für die Vögel aufgehängt waren. Beliebt machen sich die Waschbären nicht, so niedlich sie auch mit ihrer schwarzen Gesichtsmaske und ihrem schwarz-weiß geringelten Schwanz sein mögen.
Aber davon bekommt man in der Regel auch nichts zu sehen, denn die Waschbären sind nachts aktiv. Als Allesfresser plündern sie Vogelgelege und Obstbäume und lassen sich von Menschen oft nur kurzfristig aus den Bäumen vertreiben. Ihre nächtliche Lebensweise macht es den Jägern schwer, sie zu erwischen und sie abzuschießen. So werden es nicht weniger, sondern von Jahr zu Jahr mehr.
Dabei wäre der ganze Ärger eigentlich überflüssig, denn die Waschbären sind Nordamerikaner und bis in die 1930er Jahre bei uns unbekannt. Erst nachdem man einige Tiere – zur Bereicherung der Tierwelt – an der Edertalsperre aussetzte und anfangs sogar mit der Jagd verschonte, begann das Fiasko. Die Waschbären vermehrten sich schnell und breiteten sich über das ganze Land aus. Wahrscheinlich kamen auch noch ausgebüxte Artgenossen dazu, die als Pelztiere in Farmen gehalten wurden.
Tags verbergen sich die Kleinbären in Baumhöhlen oder Erdbauten. Nach der Paarung zwischen Dezember und März und einer Tragezeit von acht bis zehn Wochen bringt das Weibchen in der Regel bis zu sechs blinde Junge zur Welt, die erst nach drei Wochen die Augen öffnen. Wenn sie drei Monate alt sind, nimmt sie die Mutter mit zur Jagd, zur Obsternte und zum Gepolter auf dem Dachboden.
Waschbären sind größer als eine Hauskatze und messen – Kopf und Rumpf – rund 50 Zentimeter; dazu kommen 25 Zentimeter für den Schwanz. Ein ausgewachsener Waschbär wiegt gut fünf Kilogramm. In Gefangenschaft wäscht er häufig pflanzliche Nahrung, bevor er sie frisst. Diesem angeborenen Bewegungsablauf verdankt er seinen Namen.
Das Beispiel des Waschbären, der inzwischen den größten Teil des Landes erobert hat und kaum noch zu stoppen ist, zeigt, wie problematisch es sein kann, Tiere fremder Erdteile in anderen Ländern auszusetzen. Hier gilt „Die Geister, die ich rief, werde ich nun nicht wieder los“. Verantwortungsvolle Jäger und Naturfreunde begrüßen das Verbot der Auswilderung von Exoten.