Draußen beobachtet

Wie eine Kirsche zum Unkraut wurde

Nicht immer ist gut gemeint auch wirklich gut
Erschienen im Soester Anzeiger am 19.04.2017


MÖHNESEE – Unter den fremdländischen Gehölzen in unseren Fluren spielt zumindest eines eine ganz besondere Rolle. Es breitet sich durch die unterirdische vegetative Vermehrung so stark und rasch aus, dass es heimische Arten – sowohl die Naturverjüngung wie auch Anpflanzungen – in Gefahr bringt. Es ist die Spätblühende Traubenkirsche, die ursprünglich aus Nordamerika zu uns geholt wurde, obwohl es eine zweite Gattungsverwandte, die keine Probleme macht, hier schon gab.

Das Besondere an den Trauebenkirschen ist, dass sie ihre Blüten in herabhängenden Blütentrauben tragen. Die Blüten werden von Insekten besucht, die reifen Früchte von Vögeln gefressen. Um ihnen auch in ärmeren Wirtschaftsforsten den Tisch reicher zu decken, holte man neben der heimischen auch die spätblühende Traubenkirsche in etliche heimische Wälder, in denen sie sich schneller ausbreitete als die hiesige Verwandte. Überall wird man sie nicht wieder los.

Heimische Art blüht früher

Quelle: Angelika von Tolkacz

Beide Traubenkirschen sind einander sehr ähnlich. Die Europäerin hat weichere, die Nordamerikanerin derb-ledrige Blätter. Beide legen sich eine leuchtend-gelbe Herbstbelaubung zu. Die heimische Art blüht fast drei Wochen früher als die eingebrachte, sodass die Bezeichnung „spätblühend“ schon berechtigt ist. Auf diese Bezeichnung weist auch der wissenschaftliche Name „prunus serotina“ (sero = lat. spät) hin. Das Beispiel der Traubenkirschen zeigt, wie vorsichtig man bei der gezielten Einbürgerung fremder Gehölzarten in heimische Wälder sein muss. Nicht jede gute Absicht rechtfertigt jede Maßnahme, auch wenn der Neubürger nicht so aufdringlich nach Bittermandelöl riecht wie die heimische Traubenkirsche.

Das Holz der Traubenkirschen, die als Sträucher immerhin 20 Meter hoch werden können, ist bei Kunsttischlern begehrt. Die Rinde der gewöhnlichen Traubenkirsche ergab früher ein schmerzstillendes Extrakt. Die Anpflanzung von „Spätblühender Traubenkirsche“ als Ziergehölz kann nicht empfohlen werden, weil zu befürchten ist, dass von den Vögeln verschleppte Kirschkerne in die Wälder gelangen. St.