Draußen beobachtet

Wiesenkerbel an Straßen und Wegen

Starke Düngung prägt auch die Wildflora
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 24.05.2018


MÖHNESEE – Vor zwei Wochen waren viele Straßenränder noch gelb von Millionen Löwenzahn-Blütenkörbchen, die sich innerhalb weniger Tage in Pusteblumen verwandelten. Inzwischen überziehen sich die Böschungen an den Straßenrändern und die Raine an den Wirtschaftswegen auf der Haar und in der Börde mit einem weißen Blütenschleier. Der Wiesenkerbel, das heißt, die hier zur Zeit fast überall vorherrschende Pflanzenart, gibt der Landschaft Ende Mai und im Juni das Gepräge. Dabei handelt es sich um eine mit der Möhre verwandte Staude, die ebenfalls zu den Doldengewächsen gehört. Acht bis 15 aus mehreren kleinen Blüten zusammengesetzte Döldchen bilden jeweils eine große Dolde, die dadurch trotz der Kleinheit ihrer Einzelblütchen eine erhebliche Schauwirkung hat und von Menschen wie von Insekten weithin erkannt wird.
Das gegenwärtige Massenvorkommen des Wiesenkerbels im Bereich landwirtschaftlich genutzter Flächen ist ein Hinweis auf die Düngung der angrenzenden Flächen mit Gülle und Mineraldünger.
Hinzu kommt der Eintrag von Stickstoffverbindungen aus technischen Prozessen über die Luft. Vor allem der Straßenverkehr trägt zusätzlich zur extremen Stickstoffbelastung bei.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Diese übermäßige Stickstoffdüngung kommt allerdings nicht allen Wildpflanzen zugute. Nur einige wenige, wie eben der Wiesenkerbel und beispielsweise die Brennnesseln, das Klebkraut und der Bärenklau reagieren darauf mit üppigem Wachstum. Sie wachsen so stark, dass sie andere Pflanzenarten von den Rainen und Böschungen verdrängen. Bei aller Freude über die weiße Pracht muss diese
doch als Anzeiger einer ökologische Störung betrachtet werden. Die Weiser für Überdüngung tragen wie der Wiesenkerbel durch ihr Massenvorkommen dazu bei, dass unsere Wildflora verarmt und die früher weit verbreiteten bunten Wegränder selten geworden sind.