Draußen beobachtet

Wintervögel

Noch immer Millionen Vögel als Leckerbissen
Erschienen im Soester Anzeiger am 18.01.2017


MÖHNESEE – Auch in den Dörfern auf der Haar und im Möhnetal beklagen Naturfreunde den Rückgang der gefiederten Besucher in den Gärten und an den Futterhäuschen. Über die Ursachen wird meistens erfolglos gerätselt. Nur eines ist klar: Der zwar verbotene, illegal aber weiterhin betriebene Vogelfang in einigen Mittelmeerländern trägt daran keine Mitschuld. Unsere auch im Winterhalbjahr beobachteten Gartenvögel – die Drosseln, Meisen, Finken, Zaunkönige und Rotkehlchen – müssen zwar mit unwirtlicher Witterung und Nahrungsmangel fertig werden, ersparen sich aber dafür die Unbilden und Gefahren auf dem Reiseweg. Diese aber sind größer und verlustreicher, als wir oft meinen.

Die verbreitete Meinung, der Vogelfang zur Bereitstellung von Leckerbissen sei Sache der Vergangenheit, wird durch erschreckende Berichte aus verschiedenen Ländern widerlegt. Auf dem Herbstzug in ihre afrikanischen Winterquartiere geraten viele unserer europäischen Zugvögel in größte Gefahr, beispielsweise wenn sie auf die Küste im Norden Ägyptens stoßen. Dort reihen sich die Anlagen für den Vogelfang dermaßen, dass man durchschnittlich 191 Wachteln pro Küstenkilometer als Opfer innerhalb einer einzigen Herbstzugperiode errechnete. Allein im Nord-Sinai wurden nach wissenschaftlichen Erhebungen in der 45-tägigen Hauptzugzeit eines Jahres zwei Millionen Wachteln getötet. Wenn man bedenkt, dass die kleinen Hühnervögel auf den Feldern am Haarstrang nur noch sehr selten einmal zu hören sind, wird man sich des unterschiedlichen Umgangs mit der Natur und den Geschöpfen bewusst. Seit 2012 werden andere Vögel zunehmend mit Klangattrappen angelockt und in sogenannten Japannetzen gefangen.
Während in Zypern die Europäische Vogelschutz-Richtlinie greifen müsste, wird in anderen Ländern wie im Libanon und in Ägypten, aber auch im westlichen Mittelmeer der Vogelschutz nicht wirklich ernst genommen. Der Wachtelkönig, um dessen Überleben hierzulande mit allen rechtlichen und ökologischen Mitteln gerungen wird, landet in manchen südlichen Ländern immer noch auf den Tellern von Gourmands. Und keineswegs nur Wachteln und Wachtelkönige!

Quelle: pixabay.com

Haben es da doch Drosseln und Meisen gut, um die sich gleich die Menschen sorgen, wenn sie in einem Jahr weniger zahlreich am Futterhaus erscheinen. Experten vermuten, dass die registrierten niedrigen Zahlen bei gleich mehreren Arten auf geringeren Bruterfolg infolge des ungünstigen Witterungsverlaufs in der Brutzeit 2016 zurückzuführen sind. Sie teilen mit den vielen Naturfreunden die Hoffnung, dass sich die Vogelpopulationen in diesem Jahr vielleicht schon wieder erholen werden. St.