Draußen beobachtet

„Zaun“ gibt es sowohl in Tier- als auch in Pflanzennamen

Wie die Silbe „Zaun“ gleich zehnmal in die Namen heimischer Tiere und Pflanzen gelangte
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 30.12.2017


MÖHNESEE – Dass viele Tier- und Pflanzenarten den Lebensraum „Wald“ in ihrem Namen tragen, ist nicht verwunderlich. Man denke nur an die Walderdbeere oder an die Waldschnepfe, Waldmeister oder die Rote Waldameise. Aber wie die Silbe „Zaun“ gleich zehnmal in die Namen heimischer Tiere und Pflanzen gelangte, erschien Teilnehmern an natur¬kundlichen Exkursionen doch recht merkwürdig.
Der Zaun als Einfriedigung eines Grundstücks befindet sich meistens in Randlage und nicht im Blickfeld des Betrachters. Oft etwas vernach¬lässigt und verwildert, ist sein Umfeld noch am ehesten Rückzugsgebiet für die Wildflora oder Standort für Gehölze, in denen sich der Zaunkönig tummelt. Der Zwerg, der auf der großen Bühne seine kecke Rolle kaum spielen kann, hat hier seinen Aufenthaltsort. Den teilt er sich mit der Zaungrasmücke, die wegen ihres klappernden Liedchens auch Müllerchen oder Klappergrasmücke genannt wird.

Die Zaunammer kommt in Westfalen nicht vor, und auch die Zauneidechse findet man hier nur an kleinklimatisch besonders begün¬stigten Orten.
Bei den Pflanzen ist meistens leichter zu erklären, weshalb sie den Zaun in ihrem Namen tragen. Zäune eignen sich besonders gut zum Klettern. Und die weiß blühende Zaunwinde macht davon mehr Gebrauch, als den meisten Gartenfreunden lieb ist. Der Stängel windet sich links herein um alle Stützen, seien es nun Maschendrähte oder Lattenzäune. Und weil sie sich von den Zäunen aus weiter in den Garten ausbreitet und Zier¬pflanzen umschlingen und unterdrückt, macht sie sich trotz der Schönheit ihrer großen Blüten manchmal unbeliebt.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Eine typische Zaunpflanze ist auch die Zaunrübe, die auf nährstoffreichen Böden an mehreren Orten im Gemeindegebiet an Hecken und Zäunen hei¬misch ist. Sie trägt an jedem Blattansatz eine Wickelranke. Diese führen mit der Spitze des fadenförmigen Gebildes kreisende Suchbe-wegungen aus. Sobald sie auf den Zaun oder auf andere Stängel stößt, rollt sie sich darum. Optimal kann sich die Zaunrübe an Zäunen verankern. Der zweite Teil des Namens weist auf die sehr große, bis zu 20 Zentimeter dicke Rübe hin. Dass man die Zaunrübe früher als sehr starkes Abführmittel nutzte, ändert nichts an der Tatsache, dass vor ihr als einer tödlich wirkenden Giftpflanze gewarnt werden muss. Auch die Zaunwicke hält sich mit kleinen Ranken an Stützen fest. Sie gehen aus den Spitzen ihrer gefiederten Blättchen hervor. Häufiger an Hauswänden als an Zäunen klimmt die Zaunrebe, die auch als Jungfernrebe bekannt ist, aber von ihrer Lebensweise her durchaus in die Gesellschaft der Zaunpflanzen passt.