Draußen beobachtet

Zeugen des Barock und der Preußen

Alleen sind ein wertvolles Kulturgut
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 19.01.2019


MÖHNESEE – Den meisten Bürgern in der Gemeinde Möhnesee ist die alte und eindrucksvolle Allee bekannt, die sich von Völlinghausen nordwärts zur Bundesstraße hinzieht und im Sommer wie im Winter einen besonders malerischen Anblick bietet.
Ihretwegen hat man die 2009 eröffnete Deutsche Alleenstraße, die von Höxter über Paderborn und Soest nach Dortmund und das Bergische Land verläuft, den Schlenker zur Möhne machen lassen.
Aber es gibt weitere Alleen und Alleen-Reste in der Gemeinde, die nicht genügend Beachtung und Wertschätzung genießen. Dabei sind sie wertvolle Kulturgüter, die es verdienen, erhalten, und falls es nötig ist, wieder ergänzt werden, auch wenn die ursprüngliche Definition von Alleen nicht mehr voll zutrifft: „Alleen sind mit Bäumen gleicher Art und gleichen Alters beidseitig gesäumte Straßen.“ Stürme und Baumkrankheiten, aber auch Straßenbau und Interessen von Anliegern haben Lücken in die Alleen im Gemeindegebiet gerissen. Mancherorts sind nur Einzelbäume übrig geblieben. Der Heimatverein Möhnesee unterstützt die Ergänzung und Wiederherstellung des Baumbestandes. Dass das Kriterium „Gleichaltrigkeit“ der Bäume fallen gelassen wird, liegt in der Natur der Sache. Je älter eine Allee wird, umso zahlreicher sind die unvermeidbaren Lücken, die möglichst rasch durch Nachpflanzung junger Bäume geschlossen werden sollten.
Historisch und überregional betrachtet sind die ältesten Alleen ein Erbe einerseits der Barockzeit, als sie angelegt wurden, um eindrucksvoll den Rang von Herrensitzen und Parkanlagen zu unterstreichen. Wichtiger aber war das Wirken der Preußen, die ab 1815 in ihren neuen Provinzen den Bau der Straßen offiziell mit der Anordnung zur Bepflanzung mit Bäumen verbanden. Dafür war außer ästhetischen Gründen vor allem der Schutz der Reisenden maßgeblich, denen die Bäume bei Nacht, Schnee und Nebel Orientierungshilfe geben sollten. Nach dem preußischen „Alleenzeitalter“ wurden die Alleen während der rücksichtslosen Motorisierung bis vor etwa 40, 50 Jahren zunehmend verteufelt.
Erst 2007 kam die Wende, als die damalige Landesregierung die Alleen unter Schutz stellte. Heute ist ihr Wert als ästhetische und ökologische Landschaftselemente unbestritten, als Lebensraum und Wanderweg für Tier- und Pflanzenarten, als Luftfilter und der Wirkung gegen den Klimawandel, aber auch wegen des Beitrags zur Landschaftsgestaltung und nicht zuletzt als Orientierungshilfe für den Verkehr.