Draußen beobachtet

Zwei unermüdliche Sänger Zilpzalp und Girlitz sind in allen Orten zu hören

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 3.07.2019


MÖHNESEE – So oft man in den letzten Wochen vor das Haus trat, waren diese beiden kleinen Sänger zu hören: der Zilpzalp und der Girlitz. Nicht so klangvoll wie die Amsel, aber dafür unentwegt ließen sie ihre Stimmen vernehmen, denen sie auch ihre volkstümlichen Namen verdanken. „Till tell“ in einer langen, gleichförmigen Wiederholung singt der Zilpzalp, oft minutenlang, lang anhaltend klirrend dagegen der Girlitz. Der Zilpzalp hat als Bühne eine Baumkrone, der Girlitz eine Fernsehantenne oder einen Dachfirst, oft singt er auch im merkwürdig flatternden Fluge.
„Wann füttern die denn beim ständigen Gesang ihre Jungen?! fragte kürzlich ein Gartenfreund und sprech damit gleich eine Schwachstelle der beiden Solisten an. Ihre Reviere grenzen sie zwar mit ihren anspruchslosen Strophen wirkungsvoll ab, doch bei der Jungenbetreuung lassen sie ihre Weibchen weitgehend allein. Die Frau des Zilpzalps bebrütet zwei Wochen lang 5 bis 6 Eier und füttert ebenso lange die Jungen. Der Girlitz begnügt sich mit 3 bis 4 Nachkommen. Die beiden Männer sind mit ihrem Dauergesang voll ausgelastet, der selbst in den heißen Tagen nur kurz verstummte.

Luis García [CC BY-SA 3.0 es (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/es/deed.en)]

Beide Arten kehrten schon im März von der Winterreise zurück, die sie nur in die Mittelmeerländer führte. So ähnlich anspruchslos die Gesänge der beiden gefiederten Nachbarn sind, so gegensätzlich sind ihre Speisekarten. Der Zilpzalp hat es auf Blattläuse und Raupen abgesehen, der Girlitz dagegen ausschließlich auf Sämereien aller möglichen Wildpflanzen. Der Girlitz ist mit Abstand die seltenere der beiden Arten. Er ist besonders wärmeliebend und hat erst am Anfang des vorigen Jahrhunderts Westfalen besiedelt.
Der Zilpzalp ist ein häufiger Allerweltskerl, der nur geschlossene Wälder und die baumfreie Ackerlandschaft meidet.
In der Mittsommerzeit sind die Weibchen beider Sänger zum zweiten Mal mit der Brut und dem füttern der Jungen beschäftigt. Und solange singen die kleinen Männchen, die mal gerade die Größe einer Blaumeise haben. Aber nur noch ein paar Tage, dann verstummen sie wie die Amseln und Buchfinken. Es gibt keinen Grund mehr, den Konkurrenten mitzuteilen, dass das Revier in den heimischen Gärten besetzt ist. Der Nachwuchs ist groß und wird sich spätestens im August im Lande verteilen.