Draußen beobachtet

Vogelgesang beim Gottesdienst

Seit Jahren erstmalig mit der Nachtigall
Erschienen im Soester Anzeiger am 25.05.2016


MÖHNESEE – Dass Drossel- und Grasmücken mit ihrem Gesang den Gottesdienst unter der alten Eiche begleiten, ist seit Jahren Tradition. Dass aber auch die Nachtigall mit einstimmt, hat auch die Vogelkenner überrascht. Jahrelang hat man sie hier nicht mehr gehört. Die Haar galt als Grenze für die wärmeliebende Nachtigall, die das Tiefland dem Bergland vorzieht. Die Naturfreunde vom Möhnesee mussten schon an einigen Orten in Soest oder noch besser in der Lippeaue lauschen, um die beliebte und viel besungene Vogelart zu hören – allerdings nicht „Frau Nachtigall“, sondern das zugehörige Männchen.

Der relativ laute, klangvolle Nachtigallengesang erfreut nicht nur die Liebespärchen, sondern Jung und Alt, und – zumindest im Mai – nicht nur bei Nacht, sondern auch am Tage. Am letzten Sonntag begleitete sie den Gospelchor vom Anfang bis zum Ende des Gottesdienstes mit ihrem markanten Crescendo, mit ihren melodischen Motiven und ihrem Schlag und übertraf in der Lautstärke die anderen gefiederten Sänger. Doch zu sehen bekommt man die Nachtigall in den Gebüschen an der Börnigebucht nicht so leicht. Der oberseits gleichmäßig braune Vogel verbirgt sich geschickt im dichten Gehölz.

Den Winter hat die Nachtigall im tropischen Afrika verbracht. Ab Mitte April kann man mit den ersten Heimkehrern rechnen. Die Männchen singen gelegentlich schon auf dem Zuge, um eines der später durchreisenden Weibchen zu sich in ihr Revier zu locken. Bei uns am Möhnesee allerdings seit Jahren vergeblich. Jetzt jedoch – in der zweiten Maihälfte – hegen die Vogelkundler die Hoffnung, dass die Nachtigall im Körbecker Kurpark mit der Brut begonnen hat und von frei laufenden Hunden ungestört bleibt.

Feuchte Laubwälder, gebüschreiche Feldgehölze, aber auch Parks und Friedhöfe sind die beliebtesten Lebensräume der Nachtigall, allerdings fast nur im Tiefland bis etwa 150 Meter über dem Meeresspiegel. Ihr Nest mit vier bis sechs Eiern steht in möglichst dichten, an Brennesseln reichen Gehölzen in Bodennähe. Rund 13 Tage lang brütet das Weibchen allein, noch einmal ebenso lange füttern beide Eltern den Nachwuchs im Nest. Insekten, Raupen und Würmchen als Nahrung dürften die Nachtigalle in Ufernähe genügend finden. Später im Sommer schmecken ihnen – übrigens allen „Insektenfressern“ – auch Beeren.

Viele Naturfreunde würden sich gewiss freuen, wenn die Nachtigallen dauerhaft Bewohner des Körbecker Parks würden. Wichtigste Voraussetzung dafür ist es, dass das dichte Gebüsch um die Börnigebucht unangetastet bleibt und nicht aufgelichtet oder gar „aufgeräumt“ wird. Zumindest der Klimawandel dürfte für die Ausbreitung der Nachtigall kein Hindernis sein. Ein warmherziger Empfang durch die Menschen, die ihr lauschen, aber ihr keinesfall nachstellen oder sie stören sollten, wäre ihr gewiss. St.