Draußen beobachtet

Ein Gruß aus dem Bauerngarten

„Panflöten“ waren aus Fliederholz geschnitzt
Erschienen im Soester Anzeiger am 18.05.2016


MÖHNESEE – Es war ein wahrer Siegeszug, den der Flieder durch die Gärten Europas antrat. In keinem Bauerngarten fehlte er. Und auch heute erfüllt er in der einen oder anderen Zuchtform Gärten und Parks mit dem Überschwang seiner Blütenrispen und seinem angenehmen Duft. In Körbecke begleitet der bis zu fünf Meter hohe Strauch den Stockumer Weg sogar in dem Gehölzstreifen außerhalb der Ortslage. Jedermann kennt und liebt ihn.
Dabei ist der gemeine Flieder erst im 16.Jahrhundert vom Balkan nach Wien gelangt, übrigens als eine von 20 Fliederarten, die es auf der Erde gibt. Seine Blüten, die in üppigen Rispen dicht beisammen stehen, sind so bekannt und beliebt, dass sie nicht nur Hochzeitssträuße schmücken, sondern auch Namengeber für die Modefarbe „fliederfarben“ sind. Doch sie trifft nur für die Wildform des gemeinen Flieders zu. Inzwischen kann man zwischen Flieder mit weißen und purpurroten, mit einfachen und mit gefüllten Blüten wählen.
Die einzelnen Blütchen haben rund einen Zentimeter lange Kronröhren, die nur langrüsseligen Faltern und Bienenverwandten den Genuss des Nektars ermöglicht. Die bis über zehn Zentimeter langen Blütenrispen stehen aufrecht und hüllen den Fliederstrauch im Mai derart ein, dass er in seinem Blütenkleid geradezu versinkt. Interessant ist der wissenschaftliche Name für den Flieder. Er heißt „Syringa“, stammt aus dem Griechischen und bedeutet dort „Röhre“ oder „Flöte“. Aus dem harten Fliederholz sollen die Panflöten gefertigt worden sein. Biologieinteressierte finden übrigens die Vokabel „Syrinx“ an ganz anderer Stelle wieder, nämlich in dem Töne erzeugenden Organ in der Luftröhre der Vögel.
Der Volksmund nennt örtlich auch den ebenfalls reich blühenden Schwarzen Holunder (mit weißen Blüten und später schwarzen Früchten) „Flieder“. Im „Fliedertee“, der aus getrockneten Holunderblüten besteht, hat sich die volkstümliche Version durchgesetzt. Auch der Fliederstrauch selbst erweist sich als recht durchsetzungsfähig. Auf Standorten, auf denen er sich wohlfühlt, bildet er durch vegetative Vermehrung dichte Fliedergebüsche, die oft erhalten bleiben, auch wenn Gärten und Siedlungen, aus denen sie hervorgingen, längst verschwunden sind. St.