Draußen beobachtet

Viele Robinien sind noch völlig unbelaubt


Erschienen im Soester Anzeiger am 14.05.2016


MÖHNESEE – Mit Windeseile haben sich innerhalb der letzten Woche die Bäume und Sträucher mit frischem Grün geschmückt. Nur wenige fallen dadurch auf, dass sie zu Beginn der zweiten Maienwoche noch winterlich kahl sind. Ein typischer Nachzügler ist die Robinie, die vielfach auch „Falsche Akazie“ genannt wird. Am Möhnesee sieht man diese im 17. Jahrhundert erstmalig in Deutschland angebaute Baumart am häufigsten beiderseits des Wanderwegs von Soest nach Belecke. Dort ist die Robinie der „lebende Beweis“ dafür, dass die Wegtrasse ehemals ein Bahnkörper war. Den Schotter bepflanzte man nämlich mit Vorliebe mit Robinien – und das gleich aus mehreren Gründen. Mit Hilfe der Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln macht die Robinie auch die unwirtlichsten Standorte für sich und andere Gehölze bewohnbar. Die Wurzelknöllchen vermögen Luftstickstoff zu binden. Im Frühling sind sie allerdings auffallend spät dran. Bei der Laubentfaltung, die augenblicklich die Welt von Tag zu Tag verwandelt, sind die Robinien Nachzügler. Doch wenn sie in der zweiten Hälfte des Monats Mai starten, dann mit solcher Eile, dass sie binnen kürzester Zeit nicht nur ihre gefiederten Blätter, sondern auch ihre angenehm duftenden Blütentrauben entfalten.
Fast über Nacht bieten sie dann den Bienen zur Freude der Imker mehr Nektar an als die meisten anderen sommergrünen Gehölze.
Wegen ihrer Blütenpracht dürfte sie der Hofgärtner Heinrichs IV in seinen Garten gepflanzt haben; nach ihm -Jean Robin- erhielt die Art ihren wissenschaftlichen Namen. Später fanden auch Forstleute Gefallen an dem Baum, obwohl sie sich für Stamm und Krone eine bessere Gestalt gewünscht hätten. Die Qualität des Holzes gilt als hervorragend; seine Dauerhaftigkeit macht sie vielseitig verwendbar. Härte und Festigkeit übertreffen sogar die der Eiche. Doch ein Nachteil soll nicht verschwiegen werden. Blätter, Früchte und vor allem die Rinde der Robinie sind giftig. Pferde schweben in Lebensgefahr, wenn sie an Weidepfählen aus Robinienholz knabbern.
Dem Naturfreund bereiten die Robinien Freude, wenn sie sich in den nächsten zwei Wochen von Tag zu Tag verändern und sich bis Ende des Monats sogar mit Blüten schmücken. Aber auch die fertigen Blätter sind interessante Beobachtungsobjekte. Sie zeigen im Tagesverlauf auffallende Blattbewegungen. In „Schlafhaltung“ senken sich Blätter und Fieder nach unten, tags breiten sie sich wieder aus.