Draußen beobachtet

Weiß ist auffällig

Auch bei Enten schlägt oft die Verwandtschaft durch

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 8.06.2019


MÖHNESEE – Wohl überall, wo Menschen an Gewässern spazieren gehen, begegnen ihnen kleine Trupps von Enten. Auffallend ist die bunte Mischung der Gefiederfarben. Manche erinnern noch an Stockenten, andere sind komplett anders gefärbt, meistens mit mehr oder weniger großen weißen Federpartien. Vereinzelt treten auch schneeweiße Enten auf, die sogleich als Hausenten angesprochen werden.
In der Regel sind diese Enten dem Menschen gegenüber sehr zutraulich und warten geradezu darauf, dass sie gefüttert werden. Vor allem die Weißfärbung weist auf die Verwandtschaft mit Hausenten hin, die – ebenso wie andere Haustierarten – meistens schneeweiß sind. Man denke nur an die Weißen Leghorn unter den Haushühnern und an die Weißen Wiener unter den Hauskaninchen. Auch Hausenten und Hausgänse sind in der Regel weiß. Die Züchter und die Halter von Haustieren scheinen das Weiß zu bevorzugen. Der Ausfall der Pigmentierung ist obendrein ein verbreitetes Phänomen, dem Mutationen zugrundeliegen.

Foto: Norbert von Tolkacz

Bei wildlebenden Tieren tritt Weißfärbung nur selten auf, weil weiße Individuen Beutegreifern natürlich eher auffallen und oft auch nicht so fit sind wie ihre wildfarbenden Verwandten. Aber in der Nachbarschaft des Menschen genießen sie und vor allem die Bastarde von Haus- und Wildtieren dafür anderweitige Vorteile. Besonders deutlich ist das bei den Stockenten und ihren Verwandten, deren Vorfahren einmal in der Obhut des Menschen waren.
Aber besondere Zutraulichkeit kann auch bei manchen reinen Wildvögeln beobachtet werden. Diese ist Ergebnis ihrer Lernfähigkeit, die es ihnen ermöglicht, sich an einem Ort füttern zu lassen, am anderen – beispielsweise wo sie bejagt werden – aber eine deutliche Fluchtdistanz zu wahren.
Haustiere, deren Stammeltern auch heute noch in heimischen Fluren leben, paaren sich manchmal mit ihren wilden Verwandten, beispielsweise Hausenten mit Stockenten und Hausgänse mit Graugänsen, aber auch Hausschweine mit Wildschweinen. In der Regel schlägt die Verwandtschaft durch, sowohl im Erscheinungsbild als auch im Verhalten; wie wir bereits bei der eingangs beobachteten Entenschar feststellen konnten.