Draußen beobachtet

Alle Chancen nutzen

Das Gewerbegebiet könnte ein Insektenparadies sein

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 29.06.2019


MÖHNESEE – Klimawandel und Insektensterben haben die Gesellschaft aufgeschreckt. Immer mehr Gartenfreunde versuchen ihren Beitrag zur Rettung der Insektenvielfalt dadurch zu leisten, dass sie die Rasenfläche zu Gunsten von Blütenstauden verkleinern. Hilfreich sind auch genügend breite Blühstreifen am Rande der Getreidefelder. Von Passanten viel beachtet ist ein solcher an der Seestraße östlich von Körbecke. Hier erfüllt der Duft der Echten Kamille die Luft. Auch anderswo zwischen Haar und Möhne haben Landwirte im Rahmen besonderer Förderpogramme Blühstreifen mit Wildpflanzen zugelassen. Es ist zu hoffen, dass es in Zukunft mehr werden.
Auch die inzwischen in der Gemeinde Möhnesee vorbildliche Praxis, die Mahd der Vegetation an den Rändern von Straßen und Wirtschaftswegen auf einen Meter Breite zu beschränken, hat sich bewährt. Allerdings bleibt die Artenvielfalt der Wildflora vielerorts hinter den Erwartungen zurück, weil sich infolge hohen Stickstoffeintrags Brennesseln einstellen und die meisten Pflanzenarten verdrängen. Als Windblütler haben sie den Insekten nichts zu bieten. Als Futterpflanze für die Raupen unserer schönsten Tagfalter haben die Brennesseln nur dann Bedeutung, wenn die geschlüpften Schmetterlinge auch Nektar spendende Blüten finden.
Nicht mehr zeitgemäß ist, dass die großen Freiflächen im Gewebegebiet zwischen Echtrop und Körbecke inzwischen mit einem blütenlosen kurz geschorenen Parkrasen überzogen sind. Vor Jahren blühte hier noch eine artenreiche Wildflora, die fast ausnahmslos dem modischen englischen Rasen zum Opfer fiel. Der Heimatverein hat hier früher erfolgreich botanische Exkursionen durchgeführt. Das ist nun vorbei! Auch die Insekten haben wieder wertvolle Nahrungsgründe verloren.
Hier – und ebenso in Teilen des alten Körbecker Parks – wäre es empfehlenswert, der Wildflora und damit den Insekten eine Chance zu bieten. Im Gewerbegebiet könnte ein Insektenparadies entstehen. Nicht das Jammern hilft uns weiter, sondern nur das praktische, ökologisch sinnvolle Tun, meinen die Natur- und Umweltschützer, auch wenn die Schritte klein sind. Jede Chance sollte genutzt werden.