Draußen beobachtet

Der Erdnussdieb kommt bei Nacht

Waschbär macht sich über die Leckerbissen am Vogelhäuschen her

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 16.11.2019


MÖHNESEE – Vogelkunde vom Schreibtisch aus. Die Winterfütterung der Vögel macht es möglich, nicht nur fünf verschiedene heimische Meisen-Arten, sondern auch verschiedene Federkleider zu unterscheiden. Um allen Feinschmeckern etwas zu bieten, wird es unter eine Handvoll Sonnenblumenkerne und Hirse noch einige blanchierte Erdnüsse gemischt. Abends schon ausgebracht, sind auch die Frühaufsteher gut bedient.
Doch welche Überraschung! Im Körnergemisch fehlen die Erdnusskerne. Am nächsten Morgen dieselbe Beobachtung. Abends in der Dunkelheit können keine gefiederten Gäste mehr gekommen sein. Erst am dritten Abend lüftet sich das Geheimnis. Geräusche auf der Gartentreppe zur Terrasse vor dem Arbeitszimmer lassen aufhorchen.
Ein Waschbär genießt selektiv die Erdnusskerne, die er in aller Seelenruhe aus dem Körnergemisch auswählt. Erst auf das vorsichtige Klopfen an der Scheibe hin blickt er zu dem Beobachter auf, von dem er nur durch die Glasscheibe getrennt ist. Die schwarze Gesichtsmaske des Waschbären wird durch die hellen Flecken über seinen Augen noch unterstrichen. Während er sich langsam treppabwärts verabschiedet, ist das schwarz-braune Ringelmuster seines Schwanzes gut zu sehen. Deutlich größer als eine Katze ist der nächtliche Spitzbube.
Auch in den nächsten zwei Nächten ist der Waschbär auf der Terrasse zu Gast. Dann bekamen die Vögel die Erdnüsse erst am Morgen, wohldosiert, dass sie für zehn bis zwölf Kohl- und Blaumeisen, Hauben- und Tannenmeisen reichen, zumal diese immer nur mit einem Kern abflogen. Dennoch sind die Erdnüsse auch jetzt schon gegen Mittag aussortiert und weggeholt.
Durch seinen rätschenden Ruf machte der Eichelhäher auf sich aufmerksam. Fast taubengroß hatte er die kleineren Meisen und Kleiber zur Flucht veranlasst, nur die Vogelfreunde freuten sich durch die Glasscheibe an dem bunten Vogel mit rotbraunem Rumpf und weißem Bürzel, vor allem an der blauschwarzen Bänderung der Flügeldecken. Erst als der Eichelhäher seine Beobachter gewahrt, ergreift auch er die Flucht. Vorher nimmt der Hamsterer nicht nur einen, sondern mehr als sechs Erdnusskerne auf und sorgt für „tabula rasa“.
Die Erdnüsse scheinen für den Eichelhäher noch attraktiver zu sein als die Eicheln der Sumpfeiche, die er im Garten aufsammelt und auf dem Rasen eingräbt und versteckt. Der Häher lässt das Hamstern nicht! Glücklicherweise, denn ohne ihn gäbe es in unseren Wäldern und Fluren manche junge Eiche weniger.