Draußen beobachtet

Ganz ohne Zäune geht es nicht

Junge Laubbäume brauchen einen besonderen Schutz

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 4.03.2020


MÖHNESEE – Im Bereich ehemaliger Fichtenreinbestände sucht man oft vergeblich nach Buchen und Eichen, nach Eschen oder einem einzigen Ahorn, die als Samenspender und als Begründer einer neuen Waldgeneration in Betracht kommen könnten. Hier verjüngen sich ausschließlich Fichten, deren Samen im Boden schlummerten. Bestenfalls kann der Wind noch Samen der Birken eingetragen haben. Aber auf den erwarteten Mischwald aus mehreren Baumarten, die dem Klimawandel angepasst sind, wird man vergeblich hoffen, es sei denn es wird gepflanzt und gesät.
Auch wenn das Wild weiterhin scharf bejagt und eine tragbare Wilddichte erreicht wird, bedürfen junge Bäumchen verschiedener Baumarten, die als besonders verbissgefährdet bekannt sind, den Schutz eines Forst- und Kulturzauns. Ein 1,80 bis 2,10 Meter hoher Zaun genügt als Schutz gegen das Rotwild; für das Sikawild kann er 20 Zentimeter niedriger sein. Mehrere kleinere gegatterte Flächen sind einer großen vorzuziehen. Über drei Hektar große Gatter sind ohnehin nicht zu empfehlen, weil sie schwer zu kontrollieren und von eingesprungenem Wild freizuhalten sind. Das Waldbild wird am geringsten durch kleine Hordengatter aus Holzstangen gestört, wie sie der Ruhrverband bereits auf der Günner Hude und im Hevetal gebaut hat.
Alle Gatter nehmen dem Wild die Möglichkeit, die Gräser und Kräuter zu äsen, die rund um die schutzbedürftigen Bäumchen wegen des Lichteinfalls besonders üppig wachsen. Der Unterschied zwischen der dem Wild zugänglichen Vegetation außerhalb des Gatters und jener im Schutz des Gatters ist sehr auffällig.
Um einen artenreichen, naturnahen Wald wiederaufzubauen, kann man auf Zäune nicht ganz verzichten. Schon aus Kostengründen werden Neuanpflanzungen nur dort und nur so lange gegattert, wo es unbedingt nötig ist. Die Besucher des Naturparks Arnsberger Wald brauchen nicht befürchten, künftig nur zwischen Zäunen wandern zu müssen. Wenn längerfristig eine angepasste Wilddichte erreicht und die jungen Bäumchen „aus dem Äser des Wildes herausgewachsen sind“, wird sich das Sika-, Rot- und Rehwild wieder auf einer weiten, möglichst fichtenfreien Waldfläche ausbreiten können. Der Wald, der die Wanderer dann erwartet, soll gesünder und auch schöner sein als die Fichtenmonokulturen der Vergangenheit.