Draußen beobachtet

Geschädigte Bäume

Rindenrisse nur teilweise überwallt

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 14.08.2019


MÖHNESEE – In der Klimadiskussion spielen Bäume und Wälder eine immer wichtigere Rolle. Als CO2- Senken widmen ihnen die Ökologen, als Schattenspender auch viele andere Bürger ihre Aufmerksamkeit. So wundert es nicht, dass man sich um kranke Bäume Sorgen macht. Die heranwachsenden Bäume am Delecker Kreisel weisen zum Teil tiefe Längsrisse auf.
Diese sind nicht – wie vermutet – darauf zurückzuführen, dass die Bäume alljährlich zurückgeschnitten und verstümmelt werden. Vielmehr handelt es sich um sogenannte „Frostrisse“. Sie entstanden an sonnigen Frosttagen bei starken Spannungsunterschieden, bei denen die Rinde schrumpfte, das Holzvolumen aber unverändert blieb. Die meisten der Linden, die hier an der Straße aufgereiht stehen, sind mehr oder weniger stark geschädigt. Wo die Rinde nicht überwallt ist, dringen Pilzsporen und andere Parasiten ein. Überwallungen hinterlassen Frostleisten. Vertiefungen und Faulstellen aber bedeuten im schlimmsten Falle ein vorzeitiges Ende des wertvollen Solitärs.
Dass es sich um Folgen der Erhitzung durch die Sonneneinstrahlung handelt, wird durch die Übereinstimmung aller geschädigten Linden in der Ausrichtung der Schäden unterstrichen. Geradezu lehrbuchmäßig weisen sie alle nach West-Südwest, in Richtung der Nachmittagssonne. Die Schäden hätten sich weitgehend vermeiden lassen, wenn die Stämme fachgerecht behandelt worden wären. Früher wurden die Stämme vieler neuer Obstbäume mit „Kalkmilch“ weiß gestrichen – sowohl zur Schädlingsbekämpfung als auch als Strahlungsschutz.
Die Kunststoffröhren, mit denen im Arnsberger Wald Gruppen neu gepflanzter Bäume ummantelt sind, haben nichts mit dem Schutz vor Frostrissen zu tun. Sie dienen der Vermeidung von Wildschäden. Neben Rehen und Rotwild gibt es südlich der Möhne und des Möhnesees das Sikawild, dessen überhöhte Bestände vor allem an jungen Bäumen so starke Schäden durch Verbiss der Knospen und Schälen der Rinde anrichten, dass sich Förster und Waldbesitzer genötigt fühlen, diese naturfernen und unschönen Kunststoffhüllen anzubringen.