Draußen beobachtet

Guter Grund zur Bewunderung

Stubenfliegen sind echte „Allerweltskerle“, die draußen wie drinnen ihre Nahrung finden
Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 8.08.2018


MÖHNESEE – Früher war es eine gängige Hausaufgabe vor den großen Ferien, eine Stubenfliege zuhause etwas näher zu beobachten. Heute ist es nicht mehr sicher, dass man in allen Dörfern und Häusern noch Stubenfliegen antrifft. Da gibt es vielfach auch keinen Anlass mehr, sich über Fliegen zu wundern, die auf spiegelglatten Fensterscheiben laufen können.
Schon durch ihre Organausstattung sind die Stubenfliegen echte Allerweltskerle, die draußen wie drinnen ihre Nahrung finden. Hier auf Kompost, Dung und Aas, dort vor allem auf Speiseresten. Der stempelförmige Saugrüssel kann flüssige Nahrung unmittelbar transportieren, das daneben befindliche Speichelröhrchen tritt bei fester Nahrung in Funktion. Zucker beispielsweise wird zuerst mit Speichel verflüssigt und erst dann aufgesaugt. Auf rauem Stoff zu rennen ist keine Kunst, aber einmal in menschliche Behausungen geraten, treffen sie unweigerlich bei ihrem Drang zum Licht auf die extrem glatten Glasscheiben. Die krallenartigen Klauen helfen den Fliegen hier wenig, umso mehr die daneben liegenden Haftballen.

Quelle: Angelika von Tolkacz

Sowohl die Stall- als auch die Zimmertemperatur kommt der Stubenfliege entgegen. Aber auch der Zusammenbruch der Population in der kalten Jahreszeit wird schnell wieder ausgeglichen, weil jedes Weibchen rund 100 Eier legt. Wie lästig Stubenfliegen sein können, hat jedermann irgendwo schon erlebt. Es gar nicht erst zur Massenvermehrung kommen zu lassen, ist man überall bemüht. Die moderne Viehhaltung erleichtert dieses Vorhaben. Wo das Vieh ganz abgeschafft wurde, kann es hier oder dort schon einmal stubenfliegenfreie Wohnbereiche geben. Dennoch gibt es keinen Grund, den Artentod der Stubenfliegen zu befürchten, weil es örtlich mancherorts besonders viele von ihnen gibt.