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Hände weg vom Uferbereich

Zur geplanten Gesundheitsmanufaktur

Mit einer knappen Mehrheitsentscheidung im Gemeinderat Möhnesee wurden die Investoren einer geplanten medizinischen Heilbehandlungseinrichtung beauftragt, auf eigene Kosten einen Bebauungsplan für den Bereich am westlichen Ende von Körbeckes Uferpromenade aufzustellen.
Mit dem mehrstöckigen Baukörper einer „Gesundheitsmanufaktur“ (mit Therapie-,Trainings- , Schulungs- , Büroräumen, Sauna und Cafe) und einem Parkplatz für 100 PKW soll dort nach Ansicht einiger Ratsmitglieder eine „Baulücke“ geschlossen und eine „ Abrundung“ der Siedlung im westlichen Bereich von Körbecke erreicht werden. Während das Bauvorhaben in diesem Ortsbereich von einer Ratsfraktion als ein Verbauen der Schokoladenseite des Nordufers bewertet wurde, war für eine andere Fraktion dieser Uferbereich des Möhnesees unterhalb der Möhnestraße lediglich „nur ein Acker“, mit dessen Bebauung endlich „die Bausünde“ der oberhalb der Straße gelegenen Möhneseeklinik verdeckt werden soll.

Die Investoren des Projekts (genannte Investitionssumme: 3 Mio. Euro) halten dieses Gelände für den einzigen Standort, der für ihre Planungen in Frage kommt: „An dem Standort oder gar nicht!“

Wohin gehst Du, Gemeinde Möhnesee?
1. Im verbindlichen Regionalplan Arnsberg (rechtswirksam seit 30.03.2012) wird festgehalten: „Gerade in touristisch geprägten Regionen kommt dem Erhalt und der Entwicklung der Kulturlandschaften eine nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Bedeutung zu. Beim landschaftsorientierten Tourismus z.B. im Sauerland sind es die „Bilder“ der Landschaft, das Landschaftserleben, welche die touristische Attraktivität der Region verdeutlichen sollen.“ (Regionalplan, S.44)
Der angesprochene Bereich an der Uferpromenade ist als „Sondergebiet für Ferieneinrichtungen und Freizeitanlagen“ ausgewiesen mit dem ausdrücklichen Hinweis: „Das Seeufer ist von Bebauung freizuhalten und als Parkanlage öffentlich zugänglich zu halten.“(Regionalplan, S.64)

2. Überdies existiert eine weitere verbindliche Festlegung für das ausgewiesene Sondergebiet in dem vom Gemeinderat beschlossenen Flächennutzungsplan: „Ziel ist es, die Uferrandbereiche künftig von Bebauung freizuhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“ (textliche Fassung, Begründung zum Flächennutzungsplan, S. 57/58).
Im Umweltbericht zum Flächennutzungsplan werden außerdem von den für das Sondergebiet vorgesehenen Nutzungen keine „Auswirkungen auf das Landschaftsbild“ und das „Wirkungsgefüge zwischen den Schutzgütern“ erwartet, da sich „die Art der Nutzung voraussichtlich nicht gravierend ändern wird.“ (Umweltbericht zum Flächennutzungsplan, S.96)

Hier soll also nicht in das Landschaftsbild eingegriffen werden.
Doch: Art und Größe des geplanten Baukörpers für die „Gesundheitsmanufaktur“ und der Parkplatz – zusammen mit der notwendigen Zufahrt – stellen gegenüber diesen verbindlichen Vorgaben einen gravierenden Eingriff in die Landschaft dar – mit noch nicht einschätzbaren Langzeitauswirkungen.
Bisher beachten Rat und Verwaltung bei den aktuellen Maßnahmen die beschlossenen und rechtskräftigen Vorgaben von Regionalplan und Flächennutzungsplan: Das Ufer im Seepark wird freigehalten, der Campingplatz ist aus dem Uferbereich verlegt. Freie Flächen und die Uferpromenade sind öffentlich zugänglich und werden gern angenommen.
Wird demnächst mit der Privatisierung des Geländes für die Gesundheitsmanufaktur der erste Schritt weg von der endlich erreichten Zugänglichkeit dieses Uferbereichs gegangen?

Mit dem geplanten Bau wird dann nämlich erst wirklich jene „Baulücke“ zwischen Gesundheitsmanufaktur und den Gebäuden des ADAC geschaffen, die weitere Begehrlichkeiten nach Bebauung wecken wird – ein willkommenes Objekt für potente Investoren.
Dass derartige Befürchtungen nicht abwegig sind, zeigen die Erfahrungen mit den jüngsten bereits laufenden oder kontrovers diskutierten Bauentwicklungen in der Gemeinde, z.B. Beispiel in Günne oder Delecke.
Nicht immer sind die getroffenen Entscheidungen im Nachhinein verständlich: So wird eine Aufstockung des Seecafes im östlichen Bereich des Uferweges abgelehnt, doch einer noch massiveren Bebauung am westlichen Ende der Uferpromenade wird dagegen zugestimmt.
Bemerkenswert engagiert erwies sich die Argumentation des Bürgermeisters vor dem Gemeinderat für den Bau der Gesundheitsmanufaktur. Von dem neuen Betrieb erwarte er einen Beitrag, die Attraktivität der Gemeinde zu steigern und in besonderer Weise die Gemeinde attraktiv für Ärzte zu machen. Damit solle der in vielen Gemeinden drohenden ärztlichen Unterversorgung begegnet werden.
Zu fragen ist, ob die zu erwartenden Synergien zwischen verschiedenen Einrichtungen im Gesundheitswesen sich nicht besser innerhalb des Ortes als bei räumlicher Trennung erreichen lassen. Besuche beim Arzt oder Physiotherapeuten lassen sich innerorts fußläufig leicht mit Einkäufen oder dem Nutzen anderer Dienstleistungen verknüpfen. Man erhielte auf diese Weise einen weiteren Beitrag zur angestrebten Belebung des Ortskerns, die man sich mit dem Ausbau der den Seepark und den Ortskern verbindenden Brückenstraße versprochen hat. Alternative Standorte für eine Gesundheitsmanufaktur in räumlicher Nähe zu (alten und neuen) Arztpraxen dürften sich bei ernsthafter Suche nach Umnutzungsmöglichkeiten bereits vorhandener Gebäude und Anlagen oder freier innerörtlicher Flächen gewiss finden lassen.

Wohin gehst Du, Gemeinde Möhnesee?
Bürger und Ratsmitglieder rufen immer wieder nach einem Konzept für die Entwicklung der Gemeinde. – Wozu, wenn die eigenen, nach eingehenden Beratungen beschlossenen, sinnvollen Zielsetzungen wie Freihalten der Uferbereiche oder Maßnahmen zum Beleben der Körbecker Mitte bei der Anfrage eines Investors schnell verdrängt werden.