Draußen beobachtet

Hoffnung auf bessere „Herkünfte“

Keine schnelle Hilfe möglich – jahrelange Forschung erforderlich

Von Professor Dr. Wilfried Stichmann. Erschienen im Soester Anzeiger am 19.02.2020


MÖHNESEE – Es wäre so naheliegend, Saatgut hitze- und dürreresistenter Bäume aus anderen Regionen zu holen, hier anzuziehen und durch den Klimawandel gefährdete heimische Gehölze damit zu ersetzen. In diesem Zusammenhang ist hier von Rotbuchen die Rede, die aus deutlich kontinentaleren Klimaten in Ungarn bekannt seien. Fachleute sprechen von fremden „Herkünften“ oder „Provenienzen“, von Herkunftsgebieten mit annähernd gleichen Ökologischen Bedingungen. Schön wäre es, wenn man im Zuge der allgemeinen Erwärmung mit dem Wechsel der Herkünfte zumindest tendenziell zu einer Nordverschiebung der Hauptverbreitungsgebiete unserer wichtigsten Forstbaumarten käme.
Leider ist das so einfach nicht! Innerhalb eines Gebietes mit gleichen ökologischen Bedingungen ist mit ähnlichen im Erscheinungsbild und in der Vitalität und Stabilität der Individuen einer Art, Unterart oder Rasse zu rechnen. Bei der Ausbringung von Saatgut von einem in ein anderes Gebiet aber ist es ungewiss, ob die gewünschten Eigenschaften auch dort erhalten bleiben. Bei verschiedenen Baumarten wurde beobachtet, dass Dürre- und Hitzeresistenz im Herkunftsgebiet am neuen Standort durch höhere Anfälligkeit gegenüber Frostschäden und Pilzen relativiert werden.
Ähnliche Rückschläge hat es schon bei mehreren fremdländischen Arten gegeben, die wie die Sitkafichte und die Weymouthskiefer in größeren Beständen auch in Westfalen angebaut wurden. Erst langjährige Provenienzversuche, wie man sie erstmalig schon 1821 durchführte, geben Auskunft darüber, ob Saatgut einer bestimmten Provenienz für den Anbau in hiesigen Wäldern und unter hiesigen ökologischen Bedingungen und in Erwartung eines sich wandelnden Klimas für einen Anbau empfohlen werden kann.
Aktuell bedeutsam ist die Beachtung der Herkünfte vor allem bei der Douglasie, die möglicherweise eine wichtigere Rolle bei der Wiederaufforstung der Schadflächen im Sauerland spielen könnte. Bei einer Verbreitung von Britisch-Kolumbien bis Kalifornien und aus Hochgebirgslagen bis zur Meeresküste gibt es verschiedene Provenienzen, aus denen die für heimische Waldstandorte und die erwartete Klimaentwicklung geeignetsten herauszufinden sind. Entsprechende Versuche und Beobachtungen sind bei der Douglasie schon seit Jahren im Gange.